KEINE EINTRAGUNG DER GBR BEI FORMWECHSEL EINER GMBH
Wird eine GmbH zu einer GbR umgewandelt, stellt sich die Frage, ob die GbR und ihre Gesellschafter in das Handelsregister der GmbH einzutragen sind. In der Praxis sind entsprechende Eintragungen bislang immer wieder erfolgt, der BGH verneinte jedoch nun deren Notwendigkeit. In demselben Verfahren hatte er außerdem darüber zu entscheiden, welche Haftungsfolgen aus einer erfolgten und ggf. fehlerhaften Eintragung entstehen.
I. Umwandlung einer GmbH in eine GbR
Das Umwandlungsgesetz (UmwG) erlaubt die Umwandlung einer GmbH in eine GbR ausdrücklich (§ 191 Abs. 2, § 226 UmwG). Anlass für eine solche Entscheidung können etwa die strengen Kapitalaufbringungs-/-erhaltungsvorschriften oder Liquidationsnormen des GmbH-Rechts oder die Publizitätsvorschriften für Kapitalgesellschaften sein. Aus Sicht der Gläubiger ist der Vorgang ambivalent: Einerseits entfällt der Kapitalschutz nach GmbH-Recht, andererseits haften ihnen nun die GbR-Gesellschafter persönlich. Um diese in Anspruch nehmen zu können, benötigen sie indessen Kenntnis von der Identität der neuen GbR-Gesellschafter. In Ermangelung einer Registereintragung der GbR gestaltet sich dies in der Regel nicht immer leicht. Das UmwG selbst sieht nur die Eintragung der Tatsache der Umwandlung der Kapitalgesellschaft vor (§ 235 UmwG). In der juristischen Literatur wurde in jüngerer Zeit jedoch vermehrt gefordert, dass zum Schutz der Gläubiger im besonderen Fall der GmbH-Umwandlung in eine GbR die Eintragung der GbR und ihrer Gesellschafter in das Handelsregister der GmbH nötig sei. Auch wurden aus der Praxis Fälle berichtet, in denen derartige Eintragungen erfolgt sind, nicht zuletzt im hier gegenständlichen Fall des BGH (Versäumnisurteil vom 18.10.2016, Az.: II ZR 314/15).
II. Die Entscheidung des BGH bezüglich der Eintragung
Der Entscheidung lag die Umwandlung einer GmbH in eine GbR zugrunde, die unter Nennung der GbR und der ehemaligen GmbH-Gesellschafter als (vermeintliche) GbR-Gesellschafter in das Handelsregister eingetragen wurde. Zum Zeitpunkt dieser Eintragung hatten die GmbH-Gesellschafter ihre GmbH-Anteile aber bereits an Dritte veräußert. Die Eintragung der Gesellschafter wurde erst zwei Jahre später geändert. Die ehemaligen Gesellschafter wurden nunmehr für noch offene Mietverbindlichkeiten der GmbH i.H.v. ca. EUR 177.000 in Anspruch genommen. Vor dem LG und dem OLG Bremen hatte die Klage keinen Erfolg.
Der BGH geht im Ausgangspunkt ebenfalls davon aus, dass die beklagten ehemaligen Gesellschafter nicht deshalb haften, weil sie persönlich haftende Gesellschafter der GbR geworden wären. Gesellschafter einer mit dem Formwechsel entstehenden Gesellschaft werden diejenigen, die zum Zeitpunkt der Eintragung (nicht: des Umwandlungsbeschlusses!) Anteilsinhaber des formwechselnden Rechtsträgers sind. Auf die Beklagten trifft dies nicht zu. Es ist dabei übrigens rechtlich grundsätzlich unbedenklich, Gesellschaftsanteile noch nach einem Beschluss über den Formwechsel zu veräußern.
Für den BGH machte es zunächst auch keinen Unterschied, dass die Beklagten immerhin, wenn auch fälschlicherweise, im Handelsregister der umgewandelten GmbH als Gesellschafter der GbR eingetragen worden waren. Zwar sieht das Handelsgesetzbuch (HGB) vor, dass sich gutgläubige Dritte auf unrichtig bekanntgemachte Tatsachen berufen können (§ 15 Abs. 3 HGB: sog. positive Publizität). Dies gilt jedoch ausdrücklich nur für Tatsachen, die einzutragen sind – und der BGH lehnt es nun ab, über die Eintragung der Umwandlung als solche hinaus den Namen der neuen Gesellschaft und deren Gesellschafter für eintragungspflichtige Tatsachen zu halten. Insbesondere konnte er keine Schutzlücke für Gläubiger erkennen. Es sei keine Besonderheit einer Umwandlung, dass ein Gläubiger keine Kenntnis von der Identität der Gesellschafter einer GbR hat. Bei der Umwandlung einer GmbH bestehe im Gegenteil sogar der Vorteil, durch Einsicht in die letzte Gesellschafterliste eben diese Kenntnis erlangen zu können. Schließlich sei das Vertrauen der Gläubiger in eine unrichtige Registereintragung über allgemeine Rechtsscheingrundsätze bereits geschützt.
III. Die Haftung (dennoch) unrichtig eingetragener Gesellschafter
In dem letztgenannten Argument liegt die entscheidende Weichenstellung dafür, dass der BGH eine Haftung der beklagten ehemaligen Gesellschafter abweichend von den Vorinstanzen unter dem Strich doch für möglich hält. Denn er wendet allgemeine Grundsätze über die Haftung bei dem Anschein einer Rechtslage an – namentlich: „Personen können als Scheingesellschafter nach Rechtsscheingrundsätzen haften, wenn sie in zurechenbarer Weise den Rechtsschein einer existierenden GbR und ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gesellschaft gesetzt haben oder gegen den durch einen anderen gesetzten Rechtsschein nicht pflichtgemäß vorgegangen sind und der Dritte sich bei seinem geschäftlichen Verhalten auf den Rechtsschein verlassen hat.“
Diese Voraussetzungen sah der BGH vorliegend als erfüllt an. Die Beklagten hätten den Rechtsschein ihrer Eintragung zurechenbar gesetzt. Daraufhin habe sich die Klägerin veranlasst sehen können, Klage gegen die Beklagten zu erheben. Denn die Gesellschafter der neuen GbR müssen persönlich für die Verbindlichkeiten der formgewechselten GmbH einstehen. Im Ergebnis bejaht der BGH daher eine Pflicht der Beklagten, die Kosten der Rechtsverfolgung bis zu dem Zeitpunkt zu erstatten, zu dem die Klägerin Kenntnis davon hatte oder sich der Kenntnis nicht grob fahrlässig verschließen konnte, dass die Beklagten tatsächlich nicht Gesellschafter der GbR geworden sind.
Über eine Haftung der ehemaligen GmbH-Gesellschafter für die Mietverbindlichkeiten hat der BGH dabei wohlgemerkt nicht entschieden. Diese waren nicht mehr Gegenstand des Verfahrens. Man kann jedoch mutmaßen, wie darüber zu entscheiden gewesen wäre. Wenn der BGH für eine Haftung nach Rechtsscheingrundsätzen verlangt, dass es um eine Disposition geht, die in Kenntnis und in Vertrauen auf die Richtigkeit des Rechtsscheins getroffen wird, so muss eine Haftung der Scheingesellschafter für vor der Eintragung entstandene Verbindlichkeiten ausscheiden. Der Rechtsschein der Eintragung kann für solche Verbindlichkeiten nicht ursächlich sein.
Damit dürfte zugleich die Argumentation des OLG Saarbrücken (Urt. v. 22.12.2005, Az.: 8 U 91/05) in einer anderen Sache überholt sein. Dieses hatte ausgeführt, die Haftung eines Scheingesellschafters für vor seinem vermeintlichen Eintritt begründete Verbindlichkeiten müsse immer deswegen ausscheiden, weil er mangels wirksamen Eintritts keine vermögensrechtlichen Vorteile habe. Richtig ist daran zwar, dass der BGH eine Haftung von eintretenden GbR-Gesellschaftern für Altverbindlichkeiten mit deren Vorteilen aus dem Eintritt begründet. Scheingesellschafter indes sind nicht wirksam Gesellschafter geworden und haben daher keine Teilhaberechte, sodass sie, wenn man die Ausführungen des OLG Saarbrücken zu Ende denkt, weder für Alt- noch für Neuverbindlichkeiten haften würden. Dies stimmt nicht, wie die vorliegende Entscheidung zeigt: Für konkret durch einen Rechtsschein veranlasste Dispositionen haften auch Scheingesellschafter; bei Altverbindlichkeiten wird es an dieser Veranlassung jedoch fehlen.
IV. Praxisfolgen
Aus Sicht einer sich umwandelnden GmbH ist nunmehr zu beachten, dass nur die Umwandlung selbst zur Eintragung ins Handelsregister der GmbH anzumelden ist. Um Haftungsrisiken zu minimieren, sollte davon abgesehen werden, zusätzlich den Namen der GbR und ihrer Gesellschafter eintragen zu lassen.
Aus der Perspektive der Gläubiger der GmbH steht zu bedenken, dass zur Ermittlung der persönlich haftenden Gesellschafter der durch den Formwechsel entstandenen GbR Einsicht in die letzte Gesellschafterliste der formwechselnden GmbH zu nehmen ist. Auf eine entgegen der obigen Ausführungen erfolgte Registereintragung der GbR-Gesellschafter darf ein Gläubiger bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit vertrauen.
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