DER NEUE UMWANDLUNGSSTEUERERLASS
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 2. Januar 2025 ein neues Schreiben betr. Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes veröffentlicht (sog. Umwandlungssteuererlass). Die dortigen Regelungen sind für die Finanzbehörden bindend. Der neue Erlass ersetzt den bisherigen Umwandlungssteuererlass vom 11. November 2011. Im folgenden Beitrag werden einige wesentliche und praxisrelevante Neuerungen dargestellt.
I. Allgemeines
Das Umwandlungssteuergesetz ermöglicht es, Umwandlungen (Formwechsel, Spaltung, Ausgliederung, Verschmelzung) und Einbringungen steuerneutral durchzuführen. Als „Sondergesetz“, das keine eigene Steuerart normiert, sondern vielmehr eine Modifizierung bzw. Ergänzung des Einkommensteuer-, Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuergesetzes darstellt, weist das Umwandlungssteuergesetz zahlreiche Unklarheiten und Auslegungsspielräume auf.
Rund dreizehn Jahre nach der Veröffentlichung des Umwandlungssteuererlasses vom 11. November 2011 hat die Finanzverwaltung den Umwandlungssteuererlass nun überarbeitet (BMF vom 2. Januar 2025; „Umwandlungssteuererlass 2025“). Insbesondere wurden in diesen die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung des BFH sowie Gesetzesänderungen eingearbeitet. Im Umwandlungssteuererlass legt die Finanzverwaltung ihre Auffassung zur Anwendung und Auslegung der Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes dar.
II. Neuerungen des Umwandlungssteuererlasses 2025
(a) Verschmelzungen
(a1) Buchwertantrag
Für die Inanspruchnahme des Buchwertansatzes im Rahmen von Verschmelzungen ist ein Antrag erforderlich (§ 3 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Dieser Antrag kann konkludent durch die ausdrückliche Erklärung gestellt werden, dass die Steuerbilanz i.S.d. § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 EStG zugleich die steuerliche Schlussbilanz darstellt. Dies entspricht der bisherigen wie neuen Auffassung der Finanzverwaltung im Umwandlungssteuererlass (Rn. 03.01 UmwStE 2025).
Neu hinzugekommen ist, dass ein Antrag auf Buchwertfortführung auch darin zu sehen ist, wenn die E-Bilanz (§ 5b EStG) als Bilanzart „Umwandlungsbilanz, zugleich Jahresabschluss“ übermittelt wird (Rn. 03.01 UmwStE 2025).
(a2) § 13 UmwStG
§ 13 UmwStG regelt die Besteuerung der Anteilseigner der übertragenden Körperschaft im Falle einer Verschmelzung zweier Körperschaften. Zur Steuerneutralität können die Anteile an der übernehmenden Körperschaft unter bestimmten Voraussetzungen auf Antrag mit dem Buchwert der Anteile an der übertragenden Körperschaft angesetzt werden (§ 13 Abs. 2 Satz 1 UmwStG). Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist § 13 UmwStG auch im Falle einer nicht verhältniswahrenden Umwandlung mit oder ohne Wertverschiebung zwischen den Anteilseignern anwendbar (Rn. 13.03 UmwStE 2025). Damit übernimmt die Finanzverwaltung die Auffassung des BFH.
Zu beachten ist allerdings, dass Wertverschiebungen zwischen Anteilseignern im Rahmen einer Verschmelzung schenkungsteuerliche Konsequenzen haben können und bei Begünstigung einer nahestehenden Person eine verdeckte Gewinnausschüttung oder Entnahme des Zuwendenden zur Folge haben kann (so auch Rn. 13.03 UmwStE 2025).
(b) Spaltungen
Spaltungen können im Rahmen des § 15 UmwStG steuerneutral zu Buchwerten erfolgen. Erforderlich ist hierzu, dass ausschließlich Teilbetriebe bei der übertragenden Körperschaft vorliegen. Die einzelnen Wirtschaftsgüter sind den jeweiligen Teilbetrieben zuzuordnen. Wirtschaftsgüter, die nach wirtschaftlichen Zusammenhängen dem Grunde nach mehreren Teilbetrieben zuordenbar sind, konnten nach bisheriger Verwaltungsauffassung den einzelnen Teilbetrieben frei zugeordnet werden. Nach Rn. 15.08 UmwStE 2025 ist ein nach wirtschaftlichen Zusammenhängen zuordenbares Wirtschaftsgut, das von mehreren Teilbetrieben genutzt und nicht aufgeteilt wird, nunmehr einheitlich dem Teilbetrieb zuzuordnen, in dem es überwiegend genutzt wird. Mithin erfolgt eine Zuordnung nach dem höchsten Nutzungsanteil.
Die Steuerneutralität der Spaltung steht unter der Bedingung der Einhaltung der sog. Nachspaltungsveräußerungssperre (§ 15 Abs. 2 Satz 2 ff. UmwStG). Eine steuerneutrale Spaltung ist danach nicht möglich, wenn durch die Spaltung die Veräußerung an außenstehende Personen vollzogen oder vorbereitet wird (§ 15 Abs. 2 Satz 2 UmwStG). Nach überarbeiteter Auffassung der Finanzverwaltung in Rn. 15.24 UmwStE 2025 liegt eine solche schädliche Veräußerung sowohl im Falle einer Umwandlung der unmittelbar an der Spaltung beteiligten Rechtsträger als auch im Falle der Umwandlung der Gesellschafter der beteiligten Rechtsträger vor. Hingegen ist die Veräußerung von Anteilen an der Muttergesellschaft unschädlich (d.h. im Falle einer mittelbaren Veräußerung).
(c) Einbringungen
(c1) Gesamtplanrechtsprechung
Für die Frage, ob die Übertragung bzw. Überführung von funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen in zeitlichem und wirtschaftlichem Zusammenhang mit einer Einbringung in ein anderes Betriebsvermögen dazu führt, dass die Steuervergünstigung (Buch- oder Zwischenwertansatz) nach § 20 UmwStG versagt wird, war gem. Umwandlungssteuererlass aus dem Jahr 2011 die Gesamtplanrechtsprechung zu beachten. Ein Gesamtplan im Sinne der Rechtsprechung des BFH ist regelmäßig dadurch gekennzeichnet, dass ein einheitlicher wirtschaftlicher Sachverhalt aufgrund eines vorherigen, zielgerichteten Plans „künstlich“ zergliedert wird und den einzelnen Teilakten dabei nur insoweit Bedeutung zukommt, als sie die Erreichung des Endzustands fördern.
Der Hinweis auf die Gesamtplanrechtsprechung wurde im Zuge der Überarbeitung des Umwandlungssteuererlasses nicht aufgegeben (Rn. 20.07 UmwStE 2025). Die Steuerneutralität der Einbringung kann daher weiterhin aufgrund des Vorliegens eines Gesamtplans verwehrt werden.
(c2) Mitübertragung von Sonderbetriebsvermögen
Die Einbringung eines Mitunternehmeranteils in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten kann unter den Voraussetzungen des § 20 UmwStG auf Antrag zu Buchwerten und damit steuerneutral erfolgen. Begünstigt ist nicht nur die Einbringung des gesamten Mitunternehmeranteils, sondern auch die Einbringung eines Teils des Mitunternehmeranteils. Nach Auffassung der Finanzverwaltung muss hierbei auch das zugehörige funktional wesentliche Sonderbetriebsvermögen mindestens quotenkongruent mitübertragen werden (Rn. 20.11 UmwStE 2025). Dies bedeutet, dass eine unterquotale Übertragung von Sonderbetriebsvermögen dazu führt, dass der Zugang zu § 20 UmwStG und damit zu einer steuerneutralen Einbringung verwehrt wird. Eine überquotale Mitübertragung von Sonderbetriebsvermögen ist hingegen unschädlich.
(c3) Gewerbesteuer auf Einbringungsgewinn
Eine Einbringung nach § 20 UmwStG oder § 21 UmwStG unter dem gemeinen Wert unterliegt den Sperrfristen nach § 22 UmwStG. Werden die sperrfristverhafteten Anteile innerhalb der siebenjährigen Sperrfrist veräußert, kommt es rückwirkend auf den Einbringungszeitpunkt zu einer (anteiligen) Nachversteuerung eines Einbringungsgewinns I oder II. Nach Auffassung des BFH unterliegt der Einbringungsgewinn nicht der Gewerbesteuer, wenn bereits die Einbringung zum gemeinen Wert nicht zu einer Gewerbesteuerbelastung geführt hätte (BFH v. 11. Juli 2019 – I R 13/18 und I R 26/18). Dies ist dann der Fall, wenn Einbringender eine natürliche Person ist (§ 7 Satz 2 GewStG). Die Finanzverwaltung übernimmt diese Rechtsprechung im neuen Umwandlungssteuererlass (Rn. 22.07 und Rn. 22.13 UmwStE 2025).
Aus Sicht des Steuerpflichtigen ist diese Klarstellung zu begrüßen, auch wenn die o.g. Urteile bereits im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurden und bereits deshalb von der Finanzverwaltung anzuwenden waren.
(c4) Rückausnahme für Sperrfristverstoß
Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2024 wurde eine Ausnahme von der rückwirkenden Besteuerung eines Einbringungsgewinns II eingeführt. Nach § 22 Abs. 2 Satz 5 UmwStG ist bei Veräußerung der erhaltenen Anteile durch den Einbringenden die Sperrfrist nach § 22 Abs. 2 Satz 1 UmwStG unbeachtlich, soweit die Veräußerung unter Aufdeckung stiller Reserven erfolgt.
Nach dem Gesetzeswortlaut ist ein Sperrfristverstoß mithin anteilig unbeachtlich („soweit“ stille Reserven aufgedeckt werden). Die Finanzverwaltung nimmt – entgegen dem Gesetzeswortlaut – an, dass diese Ausnahme nur dann greift, wenn es zu einer vollständigen Aufdeckung der stillen Reserven in den erhaltenen Anteilen kommt (Rn. 22.17 UmwStE 2025). Werden die erhaltenen Anteile beispielsweise zu einem Zwischenwert eingebracht, was dem Grunde nach eine Veräußerung darstellt, dürfte nach Auffassung der Finanzverwaltung im Falle eines Sperrfristverstoßes weiterhin vollumfänglich ein Einbringungsgewinn II zu versteuern sein.
(c5) Gewährung von Gesellschaftsrechten
Die Finanzverwaltung hat im neuen Umwandlungssteuererlass ferner die Ausführungen dazu aktualisiert, wann im Rahmen des § 24 UmwStG eine Gewährung von Gesellschaftsrechten vorliegt (Rn. 24.07 UmwStE 2025). Ist ein Mitunternehmer bereits zu 100 % an einer Personengesellschaft beteiligt (Ein-Personen-GmbH & Co. KG), muss sein Kapitalkonto bei einer weiteren Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils erhöht werden.
Die Buchung auf einem variablen Kapitalkonto (z.B. Kapitalkonto II) oder auf einem gesamthänderisch gebundenen Rücklagenkonto oder auf einem bloßen Darlehenskonto führt nicht zu einer Gewährung von Gesellschaftsrechten und reicht daher nicht aus
Im Falle eines Mischentgelts (d.h. bei Gewährung von Gesellschaftsrechten und sonstigen Ausgleichszahlungen) kann die Einbringung auf Antrag zum Buchwert oder einem Zwischenwert vorgenommen werden, soweit der gemeine Wert der sonstigen Gegenleistungen nicht über die Betragsgrenzen des § 24 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UmwStG hinausgeht.
III. Fazit
Der neue Umwandlungssteuererlass setzt ergangene Rechtsprechung sowie Gesetzesänderungen um und schafft hierdurch in der praktischen Rechtsanwendung mehr Sicherheit. Er findet auf alle offenen Fälle Anwendung und ersetzt insoweit das BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl. I S. 1314. Hat sich die Rechtslage zwischen Verwirklichung des Besteuerungstatbestands und dem 2.1.2025 maßgeblich geändert, gilt dies nur, soweit die Anwendung dieses Schreibens zu der im Einzelfall maßgeblichen Rechtslage nicht in Widerspruch steht.
Es bleiben – wie bisher – weiterhin viele Zweifelsfragen offen. Dem Steuerpflichtigen ist anzuraten, ggf. eine verbindliche Auskunft einzuholen.
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