DIE BESTEUERUNG EINER PERSONENGESELLSCHAFT WIE EINE KAPITALGESELLSCHAFT – SINNVOLL ODER NICHT?
Für Personenhandelsgesellschaften besteht neuerdings die Möglichkeit, Gewinne nach den Vorgaben des Körperschaftsteuerrechts zu besteuern. Damit erfolgt eine Gleichstellung mit einer GmbH oder AG. Diese sog. Optionsmöglichkeit bietet sich unter anderem an, wenn die Gewinne der Gesellschaft nicht ausgeschüttet werden sollen. Andererseits bringt die Umstellung eine Vielzahl von Anforderungen sowie Pflichten mit sich und bedarf auch aus unternehmerischer Perspektive einer genauen Planung.
I. Zielsetzung der Neuregelung
Die „Option zur Körperschaftsbesteuerung“ gemäß § 1a KStG wurde mit Wirkung zum 1. Juli 2021 in das Gesetz aufgenommen. Hintergrund ist die grds. höhere Besteuerung laufender Gewinne einer Personengesellschaft der niedrigeren Besteuerung der Kapitalgesellschaft zu eröffnen, ohne einen gesellschaftsrechtlich aufwändigen Umwandlungsvorgang. Das Ziel, die Belastung für thesaurierte Gewinne derjenigen von Kapitalgesellschaften anzunähern und hierdurch die Eigenkapitalbasis sowie die Investitionsmöglichkeiten der Gesellschaft zu verbessern hat auch § 34a Abs. 1 EStG, der zu einem besonderen Einkommensteuersatz von 28,25 % führt, in der Praxis aber wegen weiterer Restriktionen kaum Verwendung fand.
Die Personenhandelsgesellschaft, die sich wie eine Körperschaft behandeln lassen möchte (sog. optierende Gesellschaft), muss einen unwiderruflichen Antrag beim Finanzamt stellen. Der Antrag ist spätestens einen Monat vor Beginn des Wirtschaftsjahrs zu stellen, ab dem die Besteuerung wie eine Kapitalgesellschaft gelten soll. Anträge können bereits jetzt, jedoch erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2021 beginnen, gestellt werden (§ 34 Abs. 1a KStG). Antragsberechtigt sind nur Personenhandels- und Partnerschaftsgesellschaften, d.h., einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird die Option nicht eröffnet.
In unmittelbarem Zusammenhang wird gesetzlich geregelt, wie die optierende Gesellschaft wieder auf eine „herkömmliche“ Besteuerung nach den einkommensteuerrechtlichen Vorgaben zurückkehren kann. Auch hierzu sieht das Gesetz eine Antragspflicht vor. Man spricht insoweit von der „Rückoption“ (§ 1a Abs. 4 KStG).
II. Rechtsfolge: getrennte Besteuerung
Wird der Antrag wirksam ausgeübt, ist die Gesellschaft nach Körperschaftsteuerrecht zu besteuern. Dies hat zur Folge, dass die Gewinne der Gesellschaft einem Steuersatz von 15 % (§ 22 Abs. 1 KStG) unterliegen. Erfolgt eine Ausschüttung an die Gesellschafter, führt diese zu Einkünften aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Damit wird zwischen der Besteuerung der Gesellschaft an sich und den Gesellschaftern klar differenziert und die herkömmliche Form der Besteuerung einer Personengesellschaft, bei der die Gewinne den Gesellschaftern anteilig zugerechnet werden, wird aufgehoben.
Eine dem KStG entsprechende Anpassung erfolgt bei Ausübung der Option auch im Gewerbesteuerrecht. Die Option zur Körperschaftsbesteuerung nach § 1a KStG soll grundsätzlich nur ertragsteuerliche Wirkungen haben. Aus steuerlicher Sicht entsteht damit eine Art „hybride Gesellschaft“, die für die Ertragsteuern als Körperschaft anzusehen ist, im Übrigen aber wie eine Personengesellschaft zu behandelt wird. In den anderen Bereichen des Steuerrechts wird die Gesellschaft weiter als Personengesellschaft behandelt; lediglich im Grunderwerbsteuerrecht gibt es gewisse Einschränkungen (§§ 5 und 6 GrEStG).
III. Umwandlungssteuerrechtliche Auswirkungen
§ 1a Abs. 2 S. 1 KStG sieht bei Ausübung der Option vor, dass ein Formwechsel nach umwandlungssteuerrechtlichen Vorgaben anzunehmen ist. Damit wird für die genannten steuerrechtlichen Bereiche fingiert, dass sich die Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft umwandelt (§ 25 UmwStG). Das Umwandlungssteuergesetz manifestiert das Prinzip, dass sämtlich Umstrukturierungen zur Aufdeckung stiller Reserven führen, ausgenommen solche, bei denen die Voraussetzungen des UmwStG eingehalten sind, unter anderem, dass eine spätere Besteuerung sichergestellt ist (§ 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 UmwStG). Die Fortführung dieser Werte, sog. Buchwertfortführung, ist darüber hinaus von der Gesellschaft zu beantragen.
Der Besteuerungsvorteil entfällt (ggf. zeitanteilig), wenn die genannten Anteile innerhalb einer Sieben-Jahres-Frist ab Ausübung der Option weiter veräußert werden (§ 22 Abs. 2 UmwStG). Dass dies nicht der Fall ist, ist jährlich von der Gesellschaft nachzuweisen.
IV. Verpflichtungen der optierenden Gesellschaft
Aus dem Umstand, dass ein anderes Besteuerungssystem zur Anwendung kommt, sowie den zuvor erläuterten umwandlungssteuerrechtlichen Folgen ergeben sich für die Gesellschaft neue gesetzliche Pflichten.
Für eine Partnerschaftsgesellschaft, die ihren Gewinn bisher im Rahmen einer Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelt hat, ist nun auch die Aufstellung einer Bilanz obligatorisch (§ 1a Abs. 3 S. 6 KStG). Genauso ist die Gesellschaft bei Ausschüttungen zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet, da beim Gesellschafter Einkünfte aus Kapitalvermögen zufließen (§ 44 Abs. 1 EStG).
Zusätzlich erhöht sich der administrative Aufwand. Neben dem Antrag auf Ausübung der Option sowie den Antrag auf Buchwertfortführung im Rahmen ist an die jährlichen Nachweise zu denken, wonach die Anteile nicht weiter übertragen wurden (§ 22 Abs. 3 UmwStG).
V. Vorteile für die optierende Gesellschaft
Neben der Aufzählung von Belastungen für die optierende Gesellschaft bestehen verschiedene Vorteile, die die Option mit sich bringt.
Personenhandelsgesellschaften können mit der Anwendung des körperschaftsteuerrechtlichen Systems einen niedrigeren Gesamtsteuersatz erzielen. Dies gilt vor allem dann, wenn Gewinne nicht ausgeschüttet werden, da die Gesamtsteuerbelastung mit Körperschaft- und Gewerbesteuer einer Options-Gesellschaft, je nach Gewerbesteuerhebesatz, bis zu rd. 33 % beträgt, während die Gewinne einer Personengesellschaft eine Steuerbelastung von bis zu rd. 52 % haben können.
Die Gesellschaft bleibt im Übrigen einer Personengesellschaft, etwa für das auf sie anwendbare Gesellschaftsrechts. Es sind keine Bestimmungen hinsichtlich Stammkapital und -aufbringung, keine Formvorschriften zu Gesellschaftsverträgen oder bei der Bestellung von Geschäftsführern zu beachten.
Trotz „steuerlicher“ Umwandlung sind die Vorschriften des Umwandlungsrechts nicht zu beachten (ausgenommen, der Beschluss zur Option, auf den § 217 UmwG für entsprechend anwendbar erklärt wird). Die Ausübung der Option vermeidet daher umwandlungsrechtliche Pflichten (Vorgaben zu einem Umwandlungsbericht und der Anmeldung der Umwandlung etc., §§ 190 ff. UmwG).
VI. Erforderlichkeit einer genauen Planung
Die Optionsregelung kann grundsätzlich als eine interessante Möglichkeit für Gesellschaften betrachtet werden, die Besteuerung an ihre wirtschaftliche Situation anzupassen, dabei aber weitere Umstrukturierungsmaßnahmen vermeiden, die nicht selten einen grundlegenden Einfluss in die Gesellschafterrechte oder zumindest erhebliche Diskussionen über notwendige Änderungen der Verträge bedingen. Ein wichtiger Aspekt bei den Überlegungen ist, ob absehbar die Gesellschafterstruktur geändert wird. Wenn der vorletzte Gesellschafter ausscheidet, kommt dies einer Rückoption gleich (§ 1a Abs. 4 S. 5 KStG), die zusätzlich negative Besteuerungsfolgen auslösen kann, da eine Personengesellschaft mit nur einem Gesellschafter nicht existiert.
Dazu kommt, dass die Option ein komplett neues Konzept ermöglicht, was es so im deutschen Steuerrecht noch nie gab, da es zu einem Auseinanderfallen von Steuer- und Zivilrecht führt. Letztlich ist es eine Frage des Einzelfalls, ob die Option für eine Gesellschaft vorteilhaft ist, denn es sind viele Einzelfragen zu beachten, wie z.B. die Organgesellschaftsfähigkeit, die Bilanzierung, die Verlustnutzungsregelungen, Erbschaftsteuerbegünstigungen. Es wird einige Zeit in Anspruch nehmen, bis Praxis und Rechtsprechung die gesamten Konsequenzen geklärt haben werden.
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