GESELLSCHAFTSVERTRAGLICHE REGELUNGEN ZUM WETTBEWERBSVERBOT VON GESELLSCHAFTERN
Ein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter soll verhindern, dass der Erfolg der gemeinsamen Gesellschaft durch Konkurrenzaktivitäten eines oder mehrerer Gesellschafter gefährdet wird. Da es bei der GmbH kein gesetzlich geregeltes Wettbewerbsverbot gibt, ist es umso wichtiger im Gesellschaftsvertrag der GmbH Vorkehrungen gegen potentielle Interessenkonflikte zu treffen. Dabei müssen auch kartellrechtliche Vorgaben und generelle Angemessenheitsüberlegungen einbezogen werden.
I. Ausgangssituation
Gesellschafter haben das größte Potenzial, in Wettbewerb mit der Gesellschaft zu treten, da sie den Kernbereich ihrer Gesellschaft am besten kennen. Für GmbHs ist – anders als für Personengesellschaften – allerdings gesetzlich kein Wettbewerbsverbot für Gesellschafter geregelt. Trotzdem ist es allgemein anerkannt, dass Gesellschafter einer GmbH auch aufgrund ihrer gesetzlichen Treuepflicht einem Wettbewerbsverbot unterliegen können. Um die Rechtslage konkret zu gestalten, gibt es häufig Regelungen im Gesellschaftsvertrag einer GmbH, die dem Schutzbedürfnis der Gesellschaft vor Wettbewerb aus den eigenen Reihen Rechnung tragen. Ob ein Gesellschafter auch ohne vertragliche Regelungen einem Wettbewerbsverbot unterliegt, kann nur im Einzelfall geklärt werden.
II. Wettbewerbsverbote bei Personengesellschaften
Anders als im GmbH Recht gibt es ein gesetzliches Wettbewerbsverbot für die Gesellschafter einer OHG sowie den Komplementär einer Kommanditgesellschaft (§ 112 HGB). Hingegen besteht kein gesetzliches Wettbewerbsverbot für den Kommanditisten einer Kommanditgesellschaft (§ 165 HGB). Allerdings kann nach der Rechtsprechung auch ein Kommanditist ausnahmsweise einem Wettbewerbsverbot unterliegen, sofern er die Gesellschaft aufgrund einer hohen Mehrheit sowohl am Kommanditkapital und/oder am Stammkapital der Komplementär-GmbH beherrschen kann.
III. Mehrheitsgesellschafter einer GmbH
Für Gesellschafter einer GmbH orientiert sich die Anforderung an ein gesetzlich abgeleitetes Wettbewerbsverbot aufgrund ihrer Treupflicht nach ähnlichen Kriterien wie bei Kommanditisten. So ist auch bei der GmbH entscheidend, inwieweit ein Gesellschafter Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft hat. Sofern ein Gesellschafter aufgrund seiner mehrheitlichen Beteiligung strategisch wichtige Entscheidungen blockieren kann, wird von der Rechtsprechung ein Wettbewerbsverbot aus seiner gesellschaftlichen Treuepflicht generell angenommen.
Bei einem Alleingesellschafter kann im Verhältnis zur Gesellschaft hingegen kein Interessenskonflikt auftreten, der zu einer Treuepflicht führt, sodass der Alleingesellschafter grundsätzlich aus der Treuepflicht gesellschaftsrechtlich keinem Wettbewerbsverbot unterliegt. Auch hat ein Alleingesellschafter keine anderen Gesellschafter auf deren Interessen er Rücksicht nehmen muss, weswegen ein auf das Rücksichtnahmegebot gestütztes Wettbewerbsverbot ausscheidet. Allerdings ist sowohl unter Kapitalschutzüberlegungen als auch aus steuerlichen Gründen (Entzug von Geschäftschancen) auch und gerade bei einem Alleingesellschafter die Befreiung von einem „etwaigen“ Wettbewerbsverbot standardmäßig in der GmbH-Satzung schon bei der Gründung vorzusehen.
IV. Minderheitsgesellschafter einer GmbH
Ein Minderheitsgesellschafter kann aufgrund seiner Gesellschafterstellung i.d.R. weniger Einfluss auf die GmbH nehmen, sodass sich auch weniger umfangreiche Treuepflichten für ihn ergeben. Generell kann aber auch ein Minderheitsgesellschafter einem aus der Treupflicht abgeleiteten Wettbewerbsverbot unterliegen.
Es stellt sich dabei die Frage, ab welcher Beteiligung ein „Minderheitsgesellschafter“ in diesem Sinne vorliegt. Beteiligungen zwischen 25 und 50 % liegen im besonders kritischen Bereich, weil solche Gesellschafter schon rechtlich gewisse „Blockademöglichkeiten“ haben. Entsprechendes gilt für Minderheitsgesellschafter, denen im Gesellschaftsvertrag Sonderrechte eingeräumt wurden. Auch kann ein Zusammenwirken mehrerer Minderheitsgesellschafter zu einer relevanten „Gesellschaftergruppe“ führen, die dann wegen gleichgerichteter Interessen wie Mehrheitsgesellschafter zu behandeln sind. Außerdem unterliegen Minderheitsgesellschafter, die wesentliche Know-How-Träger der Gesellschaft sind oder sogar aktiv in ihr tätig sind, in der Regel einem Wettbewerbsverbot. Neben dem gesellschaftsrechtlichen Wettbewerbsverbot solcher Personen ist auch das gesetzliche Wettbewerbsverbot der Geschäftsführer zu beachten.
V. Wettbewerbsverbot im Gesellschaftsvertrag
Um einer auf Treuepflichten basierten Einzelfallprüfung im Falle von Wettbewerb eines Gesellschafters vorzubeugen, empfiehlt es sich, eine Regelung im Gesellschaftsvertrag der Gesellschaft zu verankern. So kann insbesondere auch ein Wettbewerbsverbot für einen Minderheitsgesellschafter (z.B. explizit ab 10 % Beteiligung) oder ein Wettbewerbsverbot, was über die Dauer der Gesellschafterstellung hinausgeht, geregelt werden. Wollen die Gesellschafter über die Wettbewerbsverbots-Befreiung von Gesellschaftern im Einzelfall entscheiden, so kann auch eine Öffnungsklausel in die Satzung aufgenommen werden, wonach Art und Umfang der Befreiung vom Wettbewerbsverbot, die Aufgabenabgrenzung sowie die Gegenleistung durch Beschluss geregelt wird.
Bei Minderheitsgesellschaftern stellt sich die Frage, ob ein Wettbewerbsverbot ohne besondere Rechtfertigung überhaupt wirksam vereinbart werden kann. So ist für die Wirksamkeit die Einhaltung kartellrechtlicher Schranken (§ 1 GWB) sowie die Angemessenheit der Regelung zu beachten.
1. Kartellrechtliche Schranken
Ein Wettbewerbsverbot ist grundsätzlich auch gegenüber Minderheitsgesellschaftern zulässig, wenn mehrere Gesellschafter gemeinsam einen starken Einfluss auf die strategische Ausrichtung des Unternehmens oder auf die Geschäftsführung haben. Sollte dies nicht der Fall sein, ist ein Wettbewerbsverbot nur dann kartellrechtlich zulässig, wenn es dem Bestand und der Erhaltung einer im Übrigen kartellrechtsneutralen Gesellschaft dient und nicht über das Maß dessen hinausgeht, was zum Schutz des Unternehmens der Gesellschaft notwendig ist. Zudem darf es nicht zu einer spürbaren Beeinflussung der Marktverhältnisse führen. Bei einem geringen Marktanteil, wird eine Marktbeeinflussung typischerweise nicht gegeben sein, da eine Außenwirkung auf den betroffenen Markt üblicherweise erst bei Erreichen eines Marktanteils von 5 % angenommen wird.
2. Angemessenheit
Zu Lasten eines Minderheitsgesellschafters ist ein Wettbewerbsverbot nur dann angemessen, wenn die Gesellschaft ein hinreichendes Interesse an der Einschränkung der Wettbewerbstätigkeit des Gesellschafters geltend machen kann. Das ist typischerweise dann der Fall, wenn die Gefahr der Schädigung und Aushöhlung der Gesellschaft von innen heraus besteht.
Um eine übermäßige Beschränkung zu vermeiden, sollte das Wettbewerbsverbot räumlich, sachlich und zeitlich auf das zwingend notwendige Maß begrenzt werden. Zur sachlichen und räumlichen Begrenzung sollte sich das Wettbewerbsverbot am Unternehmensgegenstand der Gesellschaft sowie den Gebieten, in denen die Gesellschaft tätig ist, orientieren. Das Wettbewerbsverbot kann sowohl Tätigkeitsverbote als auch (mittelbare oder unmittelbare) Beteiligungsverbote in Bezug auf Konkurrenzunternehmen oder sonstigen Wettbewerbern beinhalten. Zudem kann ein an das Ausscheiden des Gesellschafter anknüpfendes nachvertragliches Wettbewerbsverbot vereinbart werden, sofern der Gesellschafter entweder beherrschenden Einfluss auf die Gesellschaft hatte oder besonderes Know-How erworben und Zugang zu den Geschäftsgeheimnissen der Gesellschaft erhalten hat. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sollte eine Dauer von zwei Jahren nicht überschreiten. Für einen rein kapitalistisch beteiligten Minderheitsgesellschafter (ohne weitere Einflussnahmemöglichkeiten oder besonderes Know-How) ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot hingegen unzulässig.
Für den Fall eines Verstoßes gegen das gesellschaftsvertragliche Wettbewerbsverbot besteht die Möglichkeit (neben Schadensersatzansprüchen) auch eine Vertragsstrafe in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen.
VI. Fazit
Wettbewerbsverbote in Gesellschaftsverträgen sind gerade bei uneinheitlichen Gesellschafterstrukturen empfehlenswert, um den Schutz der Gesellschaft vor Wettbewerb „aus den eigenen Reihen“ sicher zu stellen. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Minderheitsgesellschafter nur in notwendigem und angemessenem Umfang durch das Wettbewerbsverbot beschränkt werden dürfen.
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