GMBH-GRÜNDUNG NUN DIGITAL MÖGLICH
Zum 1. August 2022 ist das Umsetzungsgesetz zur EU-Digitalisierungsrichtlinie 2019/1151 („DiRUG“) in Kraft getreten. Nunmehr ist die Gründung einer GmbH oder einer UG (Unternehmergesellschaft) auch bequem vom eigenen Schreibtischstuhl aus möglich anstatt in den Räumlichkeiten eines Notars. Ganz ohne notarielle Begleitung geht es aber dennoch nicht. Im Beitrag erläutern wir Ihnen das Verfahren einer digitalen Gründung und geben einen Ausblick auf weitere Neuerungen im Rahmen der Digitalisierung des Gesellschaftsrechts.
I. Verfahren
Nach § 2 Abs. 3 GmbHG kann die notarielle Beurkundung des GmbH-Gesellschaftsvertrags nun mittels Videokommunikation erfolgen. Das ist nicht verpflichtend: Es kann auch weiterhin die Präsenzbeurkundung gewählt werden. Das Verfahren richtet sich nach den §§ 16a bis 16e des Beurkundungsgesetzes (BeurkG). Die Bundesnotarkammer hat dafür unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen ein spezielles Videokommunikationssystem eingerichtet. Nach Terminvereinbarung mit dem gewählten Notar erhalten digitale GmbH-Gründer einen Einladungslink zur Videokonferenz. Voraussetzung der Wahl des Notars ist allerdings, dass sich der Sitz der zu gründenden Gesellschaft im Amtsbereich des Notars befindet.
Zu Beginn der Videokonferenz müssen sich die Beteiligten, die die Urkunde signieren werden, ausweisen. Kann sich der Notar im Rahmen des Online-Verfahrens keine Gewissheit über die Identität der Beteiligten verschaffen, hat er auch die Möglichkeit, die digitale Beurkundung im Einzelfall abzulehnen.
Die Identifizierung erfolgt zweistufig: Zunächst liest der Notar die eID-Daten der Beteiligten aus einem geeigneten Ausweisdokument ab. Für deutsche Staatsbürger sind das der Personalausweis mit eID-Funktion, der elektronische Aufenthaltstitel oder die eID-Karte bzw. Unionsbürgerkarte. Zum Auslesen wird die kostenlose Notar-App auf dem Smartphone benötigt (hier herunterladen: https://online-verfahren.notar.de/ov/gruendung/formular/onboarding/carousel?currentSlide=notarApp). Die App verwendet die sogenannte NFC-Technologie, die beispielsweise auch beim kontaktlosen Bezahlen im Einzelhandel zum Einsatz kommt.
Hinweis: Alle Personalausweise, die seit 2017 ausgestellt wurden, verfügen über die eID-Funktion – allerdings muss sie aktiviert werden. Im Rahmen der Ausstellung des Personalausweises wurde bereits eine PIN zur Nutzung der eID-Funktion generiert. Sollte der Brief mit der PIN verlorengegangen sein, kann ein neuer Brief mit Aktivierungscode und neuer PIN hier online bestellt werden: https://www.pin-ruecksetzbrief-bestellen.de/.
In einem zweiten Schritt liest der Notar über die Notar-App das Lichtbild aus einem geeigneten Ausweisdokument elektronisch aus. Dafür kann der deutsche Personalausweis verwendet werden, wenn dieser seit dem 2. August 2021 ausgestellt wurde. Es kann aber auch das Lichtbild aus dem Reisepass oder anderen Ausweisdokumenten ausgelesen werden, so lange das jeweilige Dokument gültig ist. Anschließend gleicht der Notar das ausgelesene Lichtbild mit dem Videobild der Beteiligten ab.
Dritte bzw. Gäste, die an der Videokonferenz nur zu Informationszwecken teilnehmen, müssen sich nicht identifizieren.
Sodann geht die Beurkundung den gewohnten Gang: Der Notar prüft die Vertretungsbefugnisse, verliest die Urkunde und berät die Beteiligten. Lassen sich die GmbH-Gründer vertreten, ist die Vollmacht grundsätzlich in Papier beizubringen, muss jedoch der elektronischen Niederschrift der Verhandlung in elektronisch beglaubigter Form beigefügt werden.
Abschließend ist die elektronische Niederschrift der Verhandlung von den Beteiligten mit qualifizierten elektronischen Signaturen zu versehen. Auf Grundlage der ausgelesenen eID-Daten wird für jeden Beteiligten ein individuelles Signaturzertifikat erstellt. Fordert der Notar in der Videokonferenz zur Signatur auf, wird per SMS eine TAN auf das Smartphone geschickt, die in eine Eingabemaske in der Videokonferenz einzufügen ist. Mit einem Mausklick ist die Urkunde dann signiert.
Das DiRUG hat auch eine Verfahrensbeschleunigung mit sich gebracht: GmbH-Gründungen, die mittels Videokommunikation beurkundet werden, sind nach dem neuen § 25 Abs. 3 Nr. 1 der Handelsregisterverordnung innerhalb von i.d.R. zehn Werktagen nach Eingang der Anmeldung im Handelsregister einzutragen. Sind nur natürliche Personen beteiligt und werden die in Anlage 2 vorgesehenen Musterprotokolle verwendet, ist die Gesellschaft sogar innerhalb von fünf Werktagen einzutragen.
Mehr Informationen zum Online-Verfahren gibt es hier: https://online-verfahren.notar.de/ov/.
II. Ausblick
Bisher ist die digitale GmbH-Gründung nur für die Bargründung ohne Sacheinlagen möglich. Das am 26. Juli 2022 verkündete Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie („DiREG“) sieht jedoch bereits vor, dass ab dem 1. August 2023 auch Sachgründungen remote möglich sind – solange keine Gegenstände eingebracht werden, die selbst nach dem Gesetz nur mit notarieller Beurkundung übertragen werden können. Das betrifft insbesondere Grundstücke und GmbH-Anteile.
Doch damit nicht getan: Ist bisher nur die Gründung einer GmbH per Videokonferenz möglich, können ab dem 1. August 2023 auch Gesellschafterbeschlüsse über Satzungsänderungen und Kapitalmaßnahmen (z.B. die Erhöhung oder Herabsetzung des Stammkapitals) digital beurkundet werden. Es steht zu erwarten, dass der Anwendungsbereich der Online-Kommunikation auch in Zukunft stetig erweitert wird. Das gilt auch für Handelsregisteranmeldungen: Seit Inkrafttreten des DiRUG ist es möglich, Handelsregisteranmeldungen digital durchzuführen, allerdings bislang nur für Einzelkaufleute und Kapitalgesellschaften. Auch hier sieht das DiREG ab dem 1. August 2023 eine Ausweitung auf alle Rechtsträger vor. Ebenso sind ab diesem Zeitpunkt Anmeldungen zum Partnerschafts-, Genossenschafts- und Vereinsregister digital möglich.
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