SCHENKUNGSTEUER BEI VERDECKTEN GEWINNAUSSCHÜTTUNGEN – ERTRAG- UND SCHENKUNGSTEUERLICHE DOPPELBELASTUNG?
In drei Urteilen hat der BFH entgegen einer früheren Aussage entschieden, dass überhöhte Entgeltzahlungen von einer GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person zwar ertragsteuerlich, nicht aber schenkungsteuerlich zu erfassen sind. Eine Doppelbelastung kann dennoch nicht ausgeschlossen werden, da der BFH im Verhältnis zwischen dem Gesellschafter und einer ihm nahestehenden Person eine freigebige Zuwendung nicht ausschließt.
I. Steuerliche Erfassung von Vermögensverschiebungen unter Beteiligung einer Kapitalgesellschaft
Aufgrund der zivilrechtlichen Selbständigkeit der GmbH stellt sich die Frage, welche steuerlichen Auswirkungen Vermögensverschiebungen von Kapitalgesellschaften an ihre Gesellschafter haben, die außerhalb von ordentlichen Gewinnausschüttungen erfolgen. Die Beurteilung derartiger Konstellationen hat in den letzten Jahren regelmäßig die Finanzgerichte beschäftigt.
Gegenstand der Diskussionen ist der offene Tatbestand des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ErbStG und die Frage, inwiefern eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung der Zuwendung, die „Freigebigkeit“ entfallen lässt. In früheren Entscheidungen hat der BFH die „freigebige Zuwendung“ und damit den Anfall von Schenkungsteuer bei der Zuwendung einer GmbH an ihre Gesellschafter mit genau diesem Argument verneint.
Die Besteuerung von Vermögensverschiebungen von einer GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person war hingegen bisher nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Der BFH hat sich nun in mehreren Urteilen zu dieser Konstellation geäußert.
II. Besteuerung überhöhter Entgeltzahlungen von einer GmbH an nahestehende Personen
In gleich drei Verfahren (Urt. v. 13. September 2017 – II R 32/16, II R 54/15 und II R 42/16) hat sich der BFH mit der steuerlichen Erfassung von überhöhten Entgeltzahlungen befasst, welche jeweils von einer GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person erfolgten. In zwei der drei Fälle hat eine GmbH ein Grundstück (sowie Maschinen) vom Ehepartner des (Allein-)Gesellschafters gemietet und dabei eine zu hohe Pacht bezahlt. In dem dritten Fall hat eine GmbH an den Bruder des beherrschenden Gesellschafters der Muttergesellschaft einen überhöhten Kaufpreis für Kapitalgesellschaftsanteile gezahlt. In allen drei Fällen hat bei den zugrundeliegenden Verträgen der GmbH-Gesellschafter mitgewirkt.
Für den BFH stellte sich die grundlegende Frage, ob bei überhöhten Entgeltzahlungen von einer GmbH an nahestehende Personen in Bezug auf den Gesellschafter neben der Ertragsteuer auch Schenkungsteuer anfällt.
1. Ertragsteuer
Überhöhte Zahlungen einer Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter stellen eine sog. verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) dar. Eine vGA kann auch dann vorliegen, wenn der Vermögensvorteil nicht direkt dem Gesellschafter, sondern einer ihm nahestehenden Person zufließt. Man spricht in derartigen Fällen auch von einer mittelbaren vGA. Dabei kann das „Nahestehen“ einer Person auf familiären-, gesellschafts- oder schuldrechtlichen, sowie rein tatsächlichen Beziehungen beruhen.
In den Fällen der drei BFH-Urteile lagen sämtliche Voraussetzungen für eine vGA vor, sodass die ertragsteuerliche Erfassung des überhöhten Teils der jeweiligen Entgeltzahlungen unstrittig war. Auf Ebene der GmbH wurde der unangemessen hohe Teil der Entgeltzahlungen durch eine außerbilanzielle Einkommenshinzurechnung korrigiert (§ 8 Abs. 3 Satz 2 KStG). Der jeweilige Gesellschafter erzielte entsprechende Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG).
2. Schenkungsteuer
Zur schenkungsteuerlichen Beurteilung ist der BFH zunächst auf die grundlegenden Tatbestandsvoraussetzungen einer Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG eingegangen. Hierunter ist jede „freigebige Zuwendung“ zu verstehen, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Die Zuwendung muss objektiv unentgeltlich erfolgen und setzt in subjektiver Hinsicht den Willen des Zuwendenden zur Freigebigkeit voraus.
Hierauf aufbauend ist die folgende Feststellung des BFH entscheidend: Durch die überhöhten Entgeltzahlungen liegt eine auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Vermögensverschiebung vor, obwohl die Entgeltzahlungen nicht direkt an den Gesellschafter geleistet werden und zwischen der GmbH und der nahestehenden Person weder eine unmittelbare noch eine mittelbare gesellschaftsrechtliche Beziehung besteht. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Gesellschafter an dem Vertrag zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. Da die überhöhten Entgeltzahlungen auf das Gesellschaftsverhältnis zurückzuführen sind, fehlt es allerdings an dem für eine Schenkung notwendigen Tatbestand der Freigebigkeit.
Letztlich verschafft somit in derartigen Konstellationen der Gesellschafter der ihm nahestehenden Person einen Vermögensvorteil und nicht die GmbH selbst. Bei dem vorliegenden Dreiecksverhältnis Gesellschaft – Gesellschafter – nahestehende Person kann man auch von einem abgekürzten Zahlungsweg ausgehen, wodurch eine Schenkung seitens der Gesellschaft ausscheidet, aber eine Schenkung unter den natürlichen Personen indiziert wird.
3. (Un-)Vereinbarkeit einer vGA mit einer freigebigen Zuwendung
Lt. BFH liegt in den vorliegenden Fällen neben der ertragsteuerlichen vGA keine freigebige Zuwendung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person vor, jedenfalls sofern der Gesellschafter an den zugrundeliegenden Vertragsvereinbarungen mitgewirkt hat. Mitwirkung des Gesellschafters bedeutet, dass dieser als Gesellschafter-Geschäftsführer den Vertrag mit unterzeichnet, entsprechende Anweisungen gibt oder seine Zustimmung zum Vertragsabschluss erteilt. Daraus folgt, dass sich vGA und Schenkung in diesem Verhältnis gegenseitig ausschließen, d.h. der schenkungsteuerliche Tatbestand der freigebigen Zuwendung durch die ertragsteuerliche vGA verdrängt wird.
III. Würdigung der BFH-Urteile
1. Kehrtwende des BFH
Der BFH hat mit den o.g. Entscheidungen seine bisherige Auffassung aufgegeben. Im Rahmen eines Urteils aus dem Jahr 2007 (Urteil v. 7. November 2007 – II R 28/06) deutete der BFH nämlich noch an, dass Zahlungen von überhöhten Vergütungen durchaus gemischte freigebige Zuwendungen von einer GmbH an eine nahestehende Person sein können. Da argumentiert werden kann, dass es für diese Sichtweise keine gesetzliche Grundlage gibt und sich diese auch nicht nach den allgemeinen Grundsätzen erklären lässt, wurde der BFH in der Vergangenheit zurecht kritisiert und das damalige Urteil Gegenstand zahlreicher Diskussionen im Schrifttum. Erschwerend kommt hinzu, dass diese umstrittene BFH-Aussage für den damaligen Sachverhalt gar nicht entscheidungserheblich war (sog. obiter dictum). Umso mehr erstaunte es, dass nicht nur die Finanzverwaltung die damalige Bemerkung des BFH in einem gleichlautenden Ländererlass (Erlass v. 14. März 2012, BStBl. I 2012, 331) aufgegriffen hat, sondern sich auch der Gesetzgeber bei Einführung der erbschaft- und schenkungsteuerlichen Tarifregelung des § 15 Abs. 4 ErbStG scheinbar hierauf bezogen hat.
Die nunmehr vorliegende Kehrtwende des BFH ist zu begrüßen. Der BFH stellt in seinen aktuellen Urteilsbegründungen nachvollziehbar und vor allem steuersystematisch stringent dar, dass es im Verhältnis zwischen einer GmbH und einer nahestehenden Person eines Gesellschafters zu einer Unvereinbarkeit der ertragsteuerlichen vGA mit einer schenkungssteuerlich zu erfassenden freigebigen Zuwendung der GmbH kommt.
2. Ertrag- und schenkungsteuerliche Doppelbelastung möglich
Das Ergebnis der o.g. BFH-Urteile bedeutet allerdings nicht, dass eine steuerliche Doppelbelastung insgesamt außer Frage steht. Es sind nämlich sämtliche Zuwendungsverhältnisse steuerlich zu würdigen. So geht der BFH beiläufig, d.h. erneut in einem obiter dictum, auch auf das Verhältnis zwischen Gesellschafter und nahestehender Person ein und schließt zwischen diesen eine schenkungsteuerlich zu erfassende freigebige Zuwendung nicht aus. Mangels Entscheidungserheblichkeit verzichtet der BFH jedoch auf weitere Ausführungen hierzu.
IV. Folgen für die Praxis
Der BFH sorgt mit seiner Entscheidungstrias zu der viel diskutierten Schenkungsteuerbarkeit einer vGA im Verhältnis einer GmbH zu einer nahestehenden Person eines Gesellschafters für Klarheit und sorgt damit für ein gewisses Maß an Rechtssicherheit. Aufgrund der BFH-Urteile wird zukünftig bei ähnlich ausgestalteten Sachverhalten insbesondere darauf zu achten sein, welche Personen bei den Vertragsvereinbarungen mitgewirkt haben.
Mit den drei BFH-Urteilen ist aber nur das Verhältnis der GmbH zum Gesellschafter und der nahestehenden Person geklärt. Im Dreiecksverhältnis Gesellschaft – Gesellschafter – nahestehende Person bleibt somit eine freigebige Zuwendung zwischen dem Gesellschafter und der ihm nahestehenden Person möglich, so dass es insgesamt zu einer steuerlichen Doppelbelastung mit Einkommensteuer (vGA) und Schenkungsteuer kommen kann.
Die Finanzverwaltung hat die BFH-Urteile mit Gleichlautendem Erlass der Obersten Finanzbehörden der Länder, GLE v. 20. April 2018, die Urteile umgesetzt, ihre früheren Erlasse aufgehoben und das obiter dictum des BFH ebenfalls aufgenommen. Danach liegt in solchen Fällen regelmäßig zwar im Verhältnis der Kapitalgesellschaft zur nahestehenden Person eines Gesellschafters keine freigebige Zuwendung iSd § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor, aber eine solche zwischen dem Gesellschafter und der ihm nahestehenden Person. Kommen mehrere Gesellschafter als Schenker in Betracht (z.B. Vater und Onkel des Begünstigten), kann auch eine quotale Zuwendung der Gesellschafter angenommen werden. Ausnahmsweise liegt keine freigebige Zuwendung zwischen dem Gesellschafter und der ihm nahestehenden Person vor, wenn nach der Ausgestaltung der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehung eine Gegenleistung für die überhöhte, zu geringe oder fehlende Vergütung vorliegt.
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