STEUERÄNDERUNGEN DURCH DAS JAHRESSTEUERGESETZ 2019
Am 1.1.2020 ist das Jahressteuergesetz 2019 in Kraft getreten. Neben Maßnahmen zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität sind u.a. Änderungen des Einkommen-, Gewerbe- und Umsatzsteuergesetzes erfolgt. Einige insbesondere für Anteilseigner, Arbeitgeber und Gewerbebetriebe relevante Neuregelungen werden im Rahmen dieses Newsletterbeitrags kurz dargestellt.
I. Reformmaßnahmen innerhalb der verschiedenen Steuergesetze
Wie die Bezeichnung des Jahressteuergesetzes 2019 (JStG 2019) verrät („Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“), wurden im Einkommensteuergesetz insbesondere klimapolitische Maßnahmen umgesetzt. Darüber hinaus enthält das JStG 2019 aber auch einige wichtige Steuergesetzesänderungen, welche nachfolgend, unterteilt nach den betroffenen Gesetzen, überblicksartig und ohne Anspruch auf Vollständigkeit dargestellt werden. Die viel diskutierten Reformmaßnahmen des Grunderwerbsteuergesetzes (siehe h+p Newsletterbeitrag Juni 2019) wurden erneut verschoben und sind nicht Bestandteil des JStG 2019.
II. Änderungen auf dem Gebiet der Einkommensteuer
Neben den Maßnahmen zur Förderung der umweltfreundlichen Mobilität (u.a. Sonderabschreibung für Elektrofahrzeuge, Steuerbefreiungs- und Pauschalbesteuerungsmöglichkeiten bei Dienstfahrrädern) ist eine Gesetzänderung im Zusammenhang mit im Privatvermögen gehaltenen Kapitalgesellschaftsanteilen erfolgt. Bei Beteiligungen mit einer Beteiligungshöhe von mind. 1 % sieht § 17 EStG vor, dass bei einer Veräußerung Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen und nach § 3 Nr. 40 EStG unterliegen Gewinne und Verluste dem sog. Teileinkünfteverfahren. Zur Ermittlung des zu versteuernden Veräußerungsergebnisses ist der erzielte Veräußerungspreis um die Veräußerungskosten sowie die Anschaffungskosten zu kürzen. Bislang fehlte es jedoch an einer gesetzlichen Definition der Anschaffungskosten.
Mit dem neu eingefügten § 17 Abs. 2a EStG hat der Gesetzgeber nunmehr einen steuerlichen Anschaffungskostenbegriff definiert und dabei insbesondere festgelegt, wie mit nachträglichen Anschaffungskosten umzugehen ist. Abweichend von der bisherigen Rechtsprechung und der früheren Rechtslage wird klargestellt, dass im Hinblick auf etwaige nachträgliche Anschaffungskosten das frühere „Kleinanlegerprivileg“ (Beteiligungshöhe zwischen 1% und 9,99%) unbeachtlich ist. Das bedeutet, dass auch Gesellschafter mit einer Beteiligung von weniger als 10 % nachträgliche Anschaffungskosten bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns berücksichtigen können. Daneben reagierte der Gesetzgeber auf neue BFH-Rechtsprechung in Bezug auf nachträgliche Anschaffungskosten bei Ausfall von Gesellschafterdarlehen und bei der Inanspruchnahme aus Bürgschaften.
Gemäß § 17 Abs. 2a EStG gehören zu den nachträglichen Anschaffungskosten insbesondere offene/verdeckte Einlagen, Darlehensverluste sowie Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, jeweils soweit eine sog. gesellschaftsrechtliche Veranlassung vorlag. Die gesellschaftsrechtliche Veranlassung zielt dahin, dass ein fremder Dritter das Darlehen nicht gewährt oder die Sicherheit zurückgefordert hätte. Dies bedeutet, dass bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns Verluste aus Gesellschafterdarlehen (Krisendarlehen) weitgehend wie nach den früheren Prinzipien vor MoMiG steuerlich geltend gemacht werden können, und zwar erstmals für Veräußerungen nach dem 31.7.2019. Für Zeiträume davor besteht die Möglichkeit, einen entsprechenden Antrag zu stellen.
Eine weitere Gesetzesänderung mit erfolgte im Hinblick auf die sog. Abfärbefiktion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, aufgrund derer z.B. eine Personengesellschaft insgesamt gewerbliche Einkünfte erzielt, wenn sie zumindest teilweise eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Danach tritt eine gewerbliche Abfärbung unabhängig davon, ob ein Gewinn oder Verlust erzielt wird bzw. ob die gewerblichen Einkünfte positiv oder negativ sind. Damit reagiert der Gesetzgeber auf Urteil des BFH (s. Urteil v. 12.4.2018 – IV R 5/15, BFH/NV 2018, 881), in welchem dieser für Verlustfälle die Abfärbung verneint hatte. Land- und forstwirtschaftlich, freiberuflich oder vermögensverwaltend tätige Personengesellschaften gelten somit auch dann stets als Gewerbebetrieb, wenn sie daneben nur negative gewerbliche Einkünfte erzielen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll verhindert werden, dass es bei schwankenden Ergebnissen aus der gewerblichen Tätigkeit zu einem ständigen Wechsel zwischen Gewerblichkeit und Vermögensverwaltung kommt. Die von der Rechtsprechung entwickelten und von der Finanzverwaltung angewandten sog. Bagatellgrenzen für die gewerbliche Infektion, wonach die gewerblichen Nettoumsatzerlöse 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse sowie den Betrag von 24.500 EUR im Veranlagungszeitraum nicht übersteigen dürfen, bleiben bestehen. Aufgrund des klarstellenden Charakters sind von der Anpassung auch Veranlagungszeiträume vor 2019 betroffen.
III. Regelungen zum Lohnsteuerabzug bei internationalen Arbeitnehmerentsendungen
Aufgrund des JStG 2019 ergeben sich auch Änderungen beim Lohnsteuerabzug, zu welchem inländische Arbeitgeber gemäß § 38 EStG verpflichtet sind. Seit 1.1.2020 ist in Bezug auf internationale Arbeitnehmerentsendungen zu beachten, dass das in Deutschland ansässige Unternehmen als inländischer Arbeitgeber im Sinne dieser Vorschrift gilt, wenn es den Arbeitslohn für die ihm geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt oder nach dem Fremdvergleichsgrundsatz hätte tragen müssen (§ 38 Abs. 1 Satz 2 1. Hs. EStG). Die letztgenannte Ergänzung ist insofern von Bedeutung, als bislang eine Lohnsteuerabzugsverpflichtung dann vorlag, wenn das aufnehmende Unternehmen die Lohnkosten „tatsächlich wirtschaftlich getragen“ hat. Das Merkmal des wirtschaftlichen Tragens war insbesondere bei einem konzerninternen finanziellen Ausgleichsanspruch für die Arbeitnehmerüberlassung erfüllt. Daher konnte man in der Praxis beobachten, dass der Lohnsteuerabzugsverpflichtung durch Verzicht auf diese Ausgleichsforderung begegnet wurde. Nunmehr ist zusätzlich unter Rückgriff auf den Fremdvergleichsgrundsatz zu prüfen, ob fremde Dritte für die Arbeitnehmerentsendung üblicherweise ein Entgelt vereinbart hätten.
Diese Gesetzesänderung sollte bei internationalen Arbeitnehmerentsendungen unbedingt beachtet werden, da bei Missachtung der nationalen Lohnsteuerabzugsverpflichtungen Haftungsfolgen drohen.
IV. Änderungen des Gewerbesteuergesetzes
Neben Änderungen bei den Hinzurechnungsvorschriften (betrifft den hinzuzurechnenden Miet- und Leasingaufwand bei Elektro- bzw. Hybridelektrofahrzeugen und Elektro-Fahrrädern) ist insbesondere auf die Änderung des § 9 GewStG hinzuweisen. Diese Norm sieht für bestimmte Bestandteile des gewerbesteuerpflichtigen Gewinns eine Kürzung vor. So sind u.a. Gewinne aus Anteilen ausländischer Kapitalgesellschaften abzuziehen. Die Voraussetzungen hierfür wurden durch das JStG 2019 mit Blick auf eine Entscheidung des EuGH (Rs. EV, Urteil v. 20.9.2018 – C-685/16, NZG 2018, 631) entschärft, indem u.a. die sog. Aktivitätsklausel gestrichen wurde. Seit dem 1.1.2020 verlangt die Kürzungsvorschrift in § 9 Nr. 7 GewStG nur mehr, dass die Beteiligung an der ausländischen Kapitalgesellschaft zu Beginn des Erhebungszeitraums mindestens 15 % des Nennkapitals beträgt.
Zugleich wurde die bisherige Sonderregelung für EU-Gesellschaften (§ 9 Nr. 7 S. 1 letzter Hs. GewStG a.F.) aufgehoben. Im Ergebnis bedeuten diese Änderungen, dass nunmehr die gewerbesteuerliche Kürzung von Dividenden einer ausländischen Gesellschaft bei einer Beteiligung von mind. 15 % unabhängig davon in Anspruch genommen werden kann, ob die ausländische Gesellschaft ihren Sitz im EU-Ausland oder einem Drittland hat.
V. Änderungen bei der Umsatzsteuer (Definition Reihengeschäft)
Am 4.12.2018 hat der Rat der EU für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) sog. Quick Fixes formell beschlossen wurden. Hintergrund ist die Vereinfachung und die Reduktion der Betrugsanfälligkeit des bisherigen Systems. Diese Quick Fixes wurden im Rahmen des JStG 2019 in deutsches Recht umgesetzt. Mit der Einfügung von § 3 Abs. 6a UStG enthält das Umsatzsteuergesetz nun Regelungen zu den Voraussetzungen und Nachweisen für innergemeinschaftliche Lieferungen und zur Zuordnung der Warenbewegung bei Reihengeschäften. Des Weiteren wurde eine Vereinfachungsregel für Konsignationslager im Rahmen des § 6b UStG eingeführt.
§ 3 Abs. 6a UStG geht insbesondere auf die Fälle ein, bei welchen ein sog. Zwischenhändler, d.h. weder der erste Unternehmer noch der letzte Abnehmer in der Reihe, für den Transport verantwortlich ist. Die Gesetzesänderungen betreffen alle Unternehmer, die Warenlieferungen in andere EU-Mitgliedstaaten ausführen oder Waren aus anderen EU-Mitgliedstaaten beziehen. Die Regelungen gelten seit dem 1.1.2020.
Die neue EU-einheitliche Vereinfachungsregelung sieht vor, dass anstatt eines vorgeschalteten Verbringens bei Bestückung des Lagers eine Direktlieferung an den Abnehmer angenommen wird, sofern die dortigen Voraussetzungen vorliegen. Eine innergemeinschaftliche Lieferung findet dann erst im Zeitpunkt der Entnahme durch den Abnehmer statt. Der Erwerber verwirklicht nach § 6b Abs. 2 Nr. 2 UStG einen entsprechenden innergemeinschaftlichen Erwerb im Bestimmungsland. Auf diese Weise entfällt die Registrierungspflicht im Bestimmungsstaat für den ausländischen Lieferanten. Fällt jedoch eine der Voraussetzungen weg, weil z.B. die Gegenstände nicht innerhalb von zwölf Monaten geliefert werden oder untergehen, liegt zu diesem Zeitpunkt ein innergemeinschaftliches Verbringen vor mit der Folge, dass sich der ausländische Lieferant doch im Bestimmungsstaat registrieren muss.
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