SINNVOLLE REGELUNGEN IM UNTERNEHMERTESTAMENT
Die Sicherung des Erhalts des Unternehmens, die Wahrung des Familienfriedens und die wirtschaftliche Absicherung sämtlicher Familienmitglieder – um diese Ziele zu erreichen, sollte sich ein Unternehmer frühzeitig mit Nachfolgeregelungen beschäftigen und sich nicht auf das gesetzliche Erbrecht verlassen. Schon bei der Abfassung von Gesellschaftsverträgen und dann auch bei der Abfassung der letztwilligen Verfügung gibt es vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten, von denen einige wichtige im Folgenden erläutert werden.
I. Nachfolge im Allgemeinen
1. Nachfolge bei Personengesellschaften
Gemäß § 727 Abs. 1 BGB führt der Tod eines Gesellschafters einer GbR zur Auflösung der Gesellschaft. Der Tod eines persönlich haftenden Gesellschafters einer OHG/KG führt i.d.R. zum Ausscheiden des Gesellschafters (§§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 131 Abs. 3 Nr. 1 HGB). Den Erben steht dann ein entsprechender Abfindungsanspruch zu. Der Anteil eines Kommanditisten (§ 177 HGB) als auch der Anteil eines stillen Gesellschafters sind hingegen vererblich (§ 234 Abs. 2 HGB).
Dies bedeutet, dass bei GbR, OHG und für die Nachfolge eines persönlichen Gesellschafters einer KG zwingend eine gesellschaftsvertragliche Nachfolgeregelung zu treffen ist, sofern das Unternehmen auch nach dem Tode des Gesellschafters mit seinen Erben fortgeführt werden soll. Im Falle der GbR muss der Gesellschaftsvertrag eine sog. Fortsetzungsklausel enthalten. Für den persönlich haftenden Gesellschafter (OHG oder KG), dass nach dem Tod des Gesellschafters jemand nachfolgen soll, so muss eine entsprechende erbrechtliche oder rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel in den Gesellschaftsvertrag mit aufgenommen werden.
Die Nachfolge von Gesellschaftern in Personengesellschaften wird zunächst gesellschaftsvertraglich vorbestimmt, d.h. dass das Testament die dort bestehenden Regelungen berücksichtigen muss. Gesellschaftsvertraglich existieren bestimmte „Klauseln“: Die sog. einfache Nachfolgeklausel sieht vor, dass die Gesellschaft nach dem Tod eines Gesellschafters mit dessen Erben fortgesetzt wird. Die sog. qualifizierte Nachfolgeklausel regelt, dass nur bestimmte Erben in die Gesellschafterstellung des verstorbenen Gesellschafters eintreten können. Eine Bestimmung ist dabei entweder durch Benennung oder konkrete Kriterien möglich, die der Erbe erfüllen muss. Denkbar ist beispielsweise, dass nur Abkömmlinge des Erblassers diesem nachfolgen können. Hierbei ist auch eine weitergehende Differenzierung möglich, dass nur bestimmte Abkömmlinge des Unternehmers in dessen Gesellschafterstellung eintreten dürfen. Die sog. rechtsgeschäftliche Nachfolgeklausel ist als Rechtsgeschäft unter Lebenden zu qualifizieren, weswegen die Mitwirkung des geplanten Nachfolgers des Gesellschafters notwendig ist, der sodann aufschiebend bedingt auf den Todesfall des Gesellschafters Gesellschafter wird.
2. Nachfolge bei Kapitalgesellschaften
Nach § 15 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsanteile einer GmbH ausdrücklich vererblich. Eine explizite Aufnahme einer Klausel, die die Fortsetzung oder den Eintritt der Erben in die Rechtsstellung des Gesellschafters nach seinem Tod regelt, ist daher nicht erforderlich. Ebenso ist auch bei einer Aktiengesellschaft die Vererblichkeit sowohl von Inhaberaktien als auch von Namensaktien gegeben. In diesen Fällen ist darauf zu achten, dass der Gesellschaftsvertrag für den Tod des Gesellschafters keine hiervon abweichende Regelung trifft, wie z.B. die Anordnung der Einziehung der Geschäftsanteile (§ 34 GmbHG) oder der Aktien (§ 237 Abs. 1 S. 1 AktG).
Im Gesellschaftsvertrag ist es wiederum möglich, durch entsprechende Nachfolgeklauseln zu regeln, wer explizit dem verstorbenen Gesellschafter in dessen Stellung nachfolgen soll, wobei dies eines späteren Umsetzungsakts bedarf (Abtretung, Einziehung etc.), da – anders als bei Personengesellschaften – der Geschäftsanteil/die Aktie stets in den Nachlass fällt.
II. Regelungen zum Nachlass
1. Erbrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten
Bei der Testamentsgestaltung sind die bestehenden Regelungen des Gesellschaftsvertrags zu berücksichtigen, um zu vermeiden, dass die gewillkürte Erbfolge nicht „ins Leere“ geht. Sollte beispielsweise eine qualifizierte Nachfolgeklausel im Gesellschaftsvertrag den vom Unternehmer eigentlich vorgesehenen Nachfolger nicht erfassen, so muss diese Klausel geändert werden, oder das Testament muss einen anderen Nachfolger aus dem Kreis der „Qualifizierten“ vorsehen. Bei der weiteren Gestaltung kommt es darauf an, welche Ziele der Unternehmer verfolgt. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, dass bei einer wertmäßig ungleichen Verteilung bezüglich existierender Nachkommen oder des Ehegatten Pflichtteilsansprüche ausgelöst werden können. Insofern kommen (ggf. bedingte oder gegenständlich beschränkte) Pflichtteilsverzichtsverträge in Betracht.
Sollte es dem Unternehmer wichtig sein, dass das Unternehmen bzw. seine Beteiligung an dem Unternehmen möglichst vielen Nachfolgegenerationen zur Verfügung steht, bietet sich die Regelung einer Vor- und Nacherbschaft an, insbesondere dann, wenn der vorgesehene Unternehmensnachfolger die Gesellschafterstellung noch nicht ausfüllen kann. Dem Vorerben stehen dann (nur) die Nutzungen der Erbschaft zu. Diese sind bei Personengesellschaften die Gewinne, die laut Gesellschaftsvertrag entnommen werden dürfen, bei Kapitalgesellschaften die Dividenden- und Gewinnanteile.
Weiter kann es sich empfehlen, Testamentsvollstreckung anzuordnen, um die Auseinandersetzung, die qualifizierte Verwaltung des Nachlasses (auch von Teilen), aber auch die Erfüllung von Vermächtnissen und Auflagen sicherzustellen.
Der Unternehmer kann entsprechende Regelungen nicht nur in einem Einzeltestament treffen, sondern mit seinem Ehegatten einen Erbvertrag abschließen.
Ganz wichtig ist es, die einmal getroffenen Regelungen in regelmäßigen Zeitabständen zu überprüfen, insbesondere dabei auf aktuelle Entwicklungen anzupassen.
2. Anpassung des Ehevertrages
Die Gestaltung des Ehevertrages ist – ebenso wie der Gesellschaftsvertrag – mit der letztwilligen Verfügung abzustimmen. Zunächst kann Gütertrennung vereinbar werden. Danach findet bei der Scheidung kein Zugewinnausgleich statt, d.h. etwaige Wertsteigerungen der Unternehmensbeteiligung bleiben unberücksichtigt. Im Todesfall erbt der Ehegatte neben den Abkömmlingen des Erblassers zu gleichen Teilen, § 1931 Abs. 4 BGB. Diese Quote ist auch auf das Pflichtteilsrecht übertragbar. Hierbei sollte daher zudem die Möglichkeit eines (gegenständlichen) Erb- und Pflichtteilsverzichts in Betracht gezogen werden.
Neben der Gütertrennung, die heutzutage oft nicht mehr gewünscht ist, kommt die modifizierte Zugewinngemeinschaft in Betracht. Dies bedeutet, dass grundsätzlich der gesetzliche Güterstand vereinbart wird, aber bei Auflösung der Ehe (etwa bei Scheidung, ggf. nicht auch im Todesfall) bestimmte Gegenstände wie die Beteiligung am Unternehmen vom Zugewinnausgleich ausgeschlossen bleiben. Gleichzeitig sollte in einem solchen Fall auch ein gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht vereinbart werden.
3. Beachtung eines internationalen Bezuges
Sollte der Unternehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt bereits jetzt im (europäischen) Ausland haben oder vorhaben, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in das Ausland zu verlegen, so sollte eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Rechts bei Abfassung der letztwilligen Verfügung erfolgen, sofern der Unternehmer sicherstellen will, dass deutsches Erbrecht zur Anwendung gelangt. Das anwendbare Erbrecht richtet sich gemäß der EuErbVO (Europäische Erbrechtsverordnung) nach dem tatsächlichen gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt seines Todes. Dies ist auch im Hinblick auf die in diesem Jahr in Kraft getretene EuGütVO (Europäische Güterrechtsverordnung) bezüglich der Gestaltung eines Ehevertrages zu beachten, sofern beide Ehegatten ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt nicht in Deutschland haben und zumindest einer der Ehegatten nicht die deutsche Staatsangehörigkeit hat.
Bezüglich der Zulässigkeit von Nachfolgeklauseln im Gesellschaftsvertrag ist das Gesellschaftsstatut zu berücksichtigen, d.h. das Recht des Landes, in dem die Gesellschaft errichtet wurde.
Sind die potentiellen Nachfolger selbst im Ausland ansässig, stellen sich meist anspruchsvolle einkommen- und erbschaftsteuerrechtliche Fragen, die ebenfalls in die Gestaltungsüberlegungen einzubeziehen sind, bevor es zu spät ist.
III. Überlegungen zur Erbschaftsteuer
Bei der Regelung einer Vor- und Nacherbschaft ist zu beachten, dass der Vorerbe nach § 6 Abs. 1 ErbStG als Erbe gilt und damit den Nachlass so zu versteuern hat, als wäre er ohne Beschränkung Erbe geworden. Da im Falle des Eintritts der Nacherbschaft beim Nacherben wiederum Erbschaftssteuer anfällt, führt dies bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zu einer Verdoppelung der Erbschaftssteuer. Der Vorerbe kann die Erbschaftssteuer mit Mitteln der Vorerbschaft begleichen, was dann zu einer Kürzung der auf den Nacherben übergehenden Erbschaft führt. Der Nacherbe kann die Höhe der anfallenden Erbschaftssteuer dadurch beeinflussen, dass auf Antrag bei der Besteuerung nicht das verwandtschaftliche Verhältnis zum Vorerben, sondern zum Erblasser zugrunde gelegt wird. Weiterhin ist zu beachten, dass eventuell eine Steuerermäßigung nach § 27 ErbStG möglich ist, sofern der Nacherbe dem Personenkreis der Steuerklasse I zuzuordnen ist.
Bestimmt der Erblasser einen Nießbrauch an seiner Beteiligung als Vermächtnis, so kann der Nießbrauch mit seinem Kapitalwert bei der Erbschaftssteuer abziehbar sein, sofern der Erbe nach ertragssteuerlichen Kriterien Mitunternehmer wird und soweit das Betriebsvermögen nach § 10 Abs. 6 S. 4 ErbStG nicht gemäß §§ 13a, 13c ErbStG steuerbefreit ist.
Bei der Vererbung unter einer Auflage bzw. Bedingung, liegt ein ganz normaler erbschaftssteuerpflichtiger Vorgang vor. Zu beachten ist dabei, dass die Auflage gemäß § 10 Abs. 9 ErbStG nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG als Nachlassverbindlichkeit abziehbar ist, sofern die Auflage dem Beschwerten selbst zugutekommt.
Bei der Beendigung einer Zugewinngemeinschaft durch Vereinbarung der Gütertrennung ist der Zugewinnausgleich, weil entgeltlich, erbschaftsteuerfrei. Es kann auch wieder zur Zugewinngemeinschaft zurückgekehrt werden, wobei nicht aus steuerlicher Sicht, aber ggf. aus Pflichtteilssicht eine Karenzzeit von einem Jahr beachtet werden sollte (sog. „Güterstandsschaukel“).
IV. Fazit und Praxishinweis
Ein Unternehmer, der die Fortsetzung seines Unternehmens nicht dem Zufall überlassen möchte, muss frühzeitig sowohl gesellschaftsrechtliche als auch erbrechtliche und ehevertragliche Regelungen treffen. Die Abstimmung dieser Regelungen aufeinander ist unerlässlich, um eine reibungslose Unternehmensnachfolge zu gewährleisten. Dabei sollte auch ein „internationaler Bezug“ Berücksichtigung finden, und zwar nicht nur bei Wohnsitz des Unternehmers selbst im Ausland, sondern auch bei einem etwaigen ausländischen Wohnsitz der potentiellen Nachfolger.
Für Sie da
Ansprechpartner zu diesem Thema
Christina Frigger
honert hamburg
Rechtsanwältin
Gesellschaftsrecht, Prozessführung und Schiedsverfahren, Transaktionen (M&A), Nachfolge
Telefon | +49 (40) 380 37 57 0 |
[email protected] |
Sven Fritsche
honert münchen
Partner, Rechtsanwalt, Steuerberater
Venture Capital, Managementbeteiligung, Steuerrecht, Gesellschaftsrecht, Transaktionen (M&A)
Telefon | +49 (89) 388 381 0 |
[email protected] |
Dr. Peter Slabschi, LL.M. (London)
honert hamburg
Partner, Rechtsanwalt
Prozessführung und Schiedsverfahren, Transaktionen (M&A), Kapitalmarktrecht, Nachfolge, Gesellschaftsrecht
Telefon | +49 (40) 380 37 57 0 |
[email protected] |