DIE AMTSNIEDERLEGUNG DURCH DEN GESCHÄFTSFÜHRER EINER „EIN-MANN-GMBH“: RISIKO DER UNWIRKSAMKEIT WEGEN RECHTSMISSBRAUCHS
Der Geschäftsführer einer GmbH kann grundsätzlich jederzeit und fristlos durch einseitige Erklärung seine Organstellung beenden. Allerdings unterliegt diese Amtsniederlegung gewissen Schranken. Insbesondere wenn es sich um den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH (sog. Ein-Mann-GmbH) handelt und sich die Gesellschaft in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befindet, ist Vorsicht geboten. In einem solchen Fall besteht das Risiko, dass die Amtsniederlegung als missbräuchlich angesehen wird und damit unwirksam ist, wie ein jüngst vom OLG Bamberg entschiedener Fall nochmals aufzeigt.
I. Die Amtsniederlegung durch den GmbH-Geschäftsführer
Der Geschäftsführer einer GmbH kann viele Gründe haben, sein Amt niederzulegen. Doch was gilt es vor einer Amtsniederlegung zu beachten, damit eine solche auch wirksam ist?
Anders als der Widerruf der Bestellung ist die Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer einer GmbH gesetzlich nicht geregelt. Hinsichtlich einzelner Voraussetzungen der Niederlegung bestehen einige Unsicherheiten. Auch ist hinsichtlich der Folgen einer Niederlegung zwischen der Zulässigkeit der Niederlegung gegenüber der Gesellschaft und der Wirksamkeit der Niederlegung nach außen zu differenzieren. Der vorliegende Beitrag widmet sich dabei der äußeren Wirksamkeit und der Frage, unter welchen Voraussetzungen von einer solchen auszugehen ist.
Es besteht Einigkeit darüber, dass die Niederlegung des Geschäftsführeramtes grundsätzlich jederzeit möglich ist. Auch ist die Niederlegung nicht an eine bestimmte Form gebunden und kann damit sogar mündlich erfolgen. Es muss nach ständiger Rechtsprechung des BGH nicht einmal ein wichtiger Grund für die sofortige Niederlegung vorliegen, auf den diese gestützt werden müsste.
II. Niederlegung durch den Alleingeschäftsführer: Unwirksamkeit wegen Rechtsmissbrauchs?
Der dargestellte Grundsatz der körperschaftlich jederzeit wirksamen Amtsniederlegung gilt allerdings nicht uneingeschränkt. Eine Einschränkung ergibt sich insbesondere für die „Ein-Mann-GmbH“. Dort soll eine Niederlegung nach der obergerichtlichen Rechtsprechung dann unwirksam sein, wenn sie missbräuchlich erfolgt ist. Eine missbräuchliche Niederlegung wird vor allem dann angenommen, wenn der Niederlegende
- alleiniger Geschäftsführer der GmbH ist,
- zugleich Alleingesellschafter der GmbH ist und
- nicht zeitgleich mit seiner Niederlegung einen neuen Geschäftsführer bestellt.
Zwar ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des niederlegenden Geschäftsführers, für einen Nachfolger zu sorgen, sondern dies obliegt der Gesellschafterversammlung. Im Falle des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers soll aber etwas anderes gelten, da die Gesellschaft ansonsten bis zur Bestellung eines neuen Geschäftsführers aktiv und passiv handlungsunfähig wird und sich für den Rechtsverkehr eine unabsehbare Unklarheit hinsichtlich der Vertretung der Gesellschaft ergeben könnte.
Obwohl seit Einführung des MoMiG die Vorschrift des § 35 Abs. 1 S. 2 GmbHG zumindest die Passivvertretung der führungslosen GmbH regelt, hat die obergerichtliche Rechtsprechung bislang an den dargestellten Grundsätzen festgehalten.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH ist kein besonderer Umstand, der dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer die Amtsniederlegung als Geschäftsführer ohne Nachfolgerbenennung ausnahmsweise erlaubt. Vielmehr stellt sich ein Insolvenzverfahren sogar als besonders schwierige wirtschaftliche Situation der Gesellschaft dar, in der vom Geschäftsführer, der gleichzeitig alleiniger Gesellschafter ist, dass er sich seiner Verantwortung nicht entzieht. Tut er dies dennoch, dürfte in der Regel von einer missbräuchlichen Niederlegung bzw. einer Niederlegung zur Unzeit auszugehen sein, die die Unwirksamkeit zur Folge hat.
III. Kein Rechtsmissbrauch bei Fremdgeschäftsführer: Entscheidung des OLG Bamberg
Das Oberlandesgericht Bamberg (Beschl. v. 17.07.2017 – 5 W 51/17, ZIP 2017, 1467) hat unlängst noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es die Niederlegung des Geschäftsführeramtes durch einen Alleingeschäftsführer in einer wirtschaftlich schwierigen Situation für missbräuchlich und damit unwirksam erachtet, allerdings nur dann, wenn der Alleingeschäftsführer auch gleichzeitig Gesellschafter der GmbH ist – nicht hingegen, wenn es sich bei dem Niederlegenden um einen Fremdgeschäftsführer handelt.
In dem vom OLG Bamberg entschiedenen Fall hatte ein Alleingeschäftsführer einer GmbH, der weder unmittelbar noch mittelbar an der Gesellschaft beteiligt war, sein Amt niederlegt, nachdem die Gesellschaft in Insolvenz geraten war. Einen Nachfolger für sein Amt konnte der niederlegende Geschäftsführer nicht bestellen. Das OLG Bamberg führte allgemein aus, dass freiwillig übernommene Verantwortung für die Gesellschaft und weitere Pflichten insbesondere in wirtschaftlich schwierigen Situationen an das Amt des Geschäftsführers geknüpft seien und dass es in Fällen einer Personenidentität von Geschäftsführungs- und Willensorgan der Gesellschaft geboten sei, höhere Anforderungen an die Amtsniederlegung zu stellen. In dem zu entscheidenden Fall ging das OLG Bamberg jedoch – anders als die Vorinstanz – nicht von einer missbräuchlichen Niederlegung aus, da es sich bei dem Niederlegenden um einen Fremdgeschäftsführer handelte. Ist der alleinige Geschäftsführer nicht zugleich Gesellschafter der GmbH, hätten die Gesellschafter die Möglichkeit, einen neuen Geschäftsführer zu bestellen. Es bestehe daher keine Notwendigkeit, die für den Gesellschafter-Geschäftsführer einer „Ein-Mann-GmbH“ entwickelten Grundsätze auf Fälle zu erstrecken, in denen ein Fremdgeschäftsführer betroffen sei.
IV. Folgerung für die Praxis
Während der Gesellschafter-Geschäftsführer einer „Ein-Mann-GmbH“ bei der Niederlegung seines Amtes einen neuen Geschäftsführer bestellen muss, besteht dieses Erfordernis für den Fremdgeschäftsführer nicht. Das Risiko einer Unwirksamkeit der Amtsniederlegung muss allerdings stets im Einzelfall geprüft werden, da je nach wirtschaftlicher Situation der Gesellschaft eine missbräuchliche Niederlegung nicht ausgeschlossen werden kann. Es gilt zu beachten, dass sich der (Fremd-)Geschäftsführer selbst bei einer Wirksamkeit der Niederlegung nach außen gegenüber der Gesellschaft bei einer „Niederlegung zur Unzeit“ schadensersatzpflichtig machen kann.
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