TRANSPARENZ FÜR GANZ EUROPA! – ERNEUTE REORM DES GELDWÄSCHEGESETZES – UND EIN ENDE IST NICHT IN SICHT!
Durch das zum 1. August 2021 in Kraft getretene Transparenz-Finanzinformationsgesetz wurde das Transparenzregister von einem Auffang- zu einem Vollregister umgestaltet. Nunmehr sind nahezu alle Rechtseinheiten in Deutschland verpflichtet, ihre wirtschaftlich Berechtigten dem Transparenzregister mitzuteilen. Die vom Gesetzgeber vorgesehenen Übergangsfristen sollten Unternehmen jedweder Größe nutzen, um ihren (neuen) Transparenzpflichten nachzukommen.
I. Transparenz- und Finanzinformationsgesetz
Mit dem am 1. August 2021 in Kraft getretenen Transparenz- und Finanzinformationsgesetz (TraFinG) hat der deutsche Gesetzgeber das Geldwäschegesetz nach der letzten Reform Ende 2019 innerhalb kürzester Zeit erneut geändert. Durch das TraFinG sollen die praktische und digitale Nutzbarkeit des Transparenzregisters erhöht und die datenseitige Voraussetzung zur Vernetzung aller europäischen Transparenzregister geschaffen werden.
II. Transparenzregister wird Vollregister
Die bisherige Gestaltung des deutschen Transparenzregisters als bloßes Auffangregister beinhaltete eine sog. Mitteilungsfiktion, von der transparenzregisterpflichtigen Rechtseinheiten profitierten, wenn sich die relevanten Informationen zu ihren wirtschaftlich Berechtigten bereits aus anderen öffentlich zugänglichen Registern, insbesondere dem Handelsregister ergaben. Bei Eingreifen der Mitteilungsfiktion wurden keine Meldepflichten zum Transparenzregister ausgelöst und keine Daten an das Transparenzregister übermittelt. Diese Mitteilungsfiktion wurde ersatzlos gestrichen. Kernelement zur Erreichung des Zwecks des TraFinG ist die Umgestaltung des Transparenzregisters zu einem sog. Vollregister.
Seit August 2021 ist jede transparenzpflichtige Rechtseinheit, insbesondere jede juristische Person und jede eingetragene Personengesellschaft zur (Erst-)Meldung und fortlaufenden Aktualisierung der Informationen zu ihren wirtschaftlichen Berechtigten an das Transparenzregister verpflichtet. Zu melden als wirtschaftlich Berechtigter ist jede Person, die mehr als 25 Prozent der Kapitalanteile hält, mehr als 25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert oder auf vergleichbare Weise Kontrolle in der entsprechenden Rechtseinheit ausübt. Kann kein wirtschaftlich Berechtigter ermittelt werden, sind die gesetzlichen Vertreter oder der geschäftsführende Gesellschafter als sog. fiktiven wirtschaftlichen Berechtigten zu melden.
Mit dem Übergang von einem Auffangregister zum Vollregister ist laut Gesetzesbegründung ein Anstieg von ca. 2,3 Millionen eintragungspflichtigen Unternehmen zu erwarten. Für diese Gesellschaften, die aufgrund des Wegfalls der Mitteilungsfiktion erstmals meldepflichtig werden, sieht das Gesetz rechtsformabhängig Übergangsfristen vor, innerhalb derer meldepflichtige Gesellschaften Vor- und Nachname, Geburtsdatum, Wohnort, Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses und sämtliche Staatsangehörigkeiten ihrer wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister melden müssen. Das TraFinG sieht darüber hinaus rechtsformabhängige sog. Aussetzungsfristen, innerhalb derer ein Verstoß gegen die Meldepflichten noch nicht bußgeldbewehrt ist. Rechtseinheiten, die bis zum Inkrafttreten des TraFinG von der Mitteilungsfiktion profitiert haben, müssen bei Verstößen gegen ihre Transparenzpflichten deshalb erst nach Ablauf der relevanten Aussetzungsfrist mit einer Geldbuße rechnen.
Einen Überblick über die geltenden Übergangs- und Aussetzungsfristen gibt nachfolgende Aufzählung:
- Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Europäische Aktiengesellschaften:
Übergangsfrist: 31. März 2022
Aussetzungsfrist: 31. März 2023 - Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Partnerschaften, Genossenschaften, Europäische Genossenschaften:
Übergangsfrist: 30. Juni 2022
Aussetzungsfrist: 30. Juni 2023 - Andere (insbesondere eingetragene Personengesellschaften und Stiftungen):
Übergangsfrist: 31. Dezember 2022
Aussetzungsfrist: 31. Dezember 2023
Die Übergangs- und Aussetzungsfristen gelten nicht für Gesellschaften, die ab dem 1. August 2021 neu gegründet werden, für Gesellschaften, für die bereits vor den gesetzlichen Änderungen eine Eintragungspflicht bestand und nicht in den Fällen, in denen eine Eintragung ausdrücklich gefordert wird. Letzteres gilt etwa für Unternehmen, die sog. Corona-Hilfen (Überbrückungshilfen) in Anspruch nehmen möchten.
III. Auswirkungen auf die gesellschaftsrechtliche Praxis
Für alle Rechtseinheiten, die bis Ende Juli 2021 von der Mitteilungsfiktion profitieren konnten, gilt es jetzt, die Übergangsfristen zur (Erst-)Meldung und Aktualisierung der Informationen ihrer wirtschaftlich Berechtigten zu nutzen. Zu empfehlen ist ihnen darüber hinaus, die Einhaltung der Transparenzpflichten zu einer Standard Compliance Aufgabe zu erheben, und geeignete Prozesse aufzusetzen, um möglichen Aktualisierungsbedarf bei jeder mittelbaren und unmittelbaren Änderung der Eigentums- und Kontrollstrukturen innerhalb des Unternehmens oder der Unternehmensgruppe zu identifizieren.
Für Investoren und Erwerber von Unternehmen gilt: die Überprüfung der Einhaltung von Transparenzpflichten durch die Zielgesellschaft(en) sollte fester Bestandteil jeder Due Diligence Prüfung sein.
Mit der Umgestaltung des Transparenzregisters zentralisiert der Gesetzgeber den Prüfungsaufwand hinsichtlich der wirtschaftlich Berechtigten bei den mitteilungspflichtigen Rechtseinheiten. Für die geldwäscherechtlich Verpflichteten soll sich hingegen der teilweise erhebliche Aufwand reduzieren, den sie bei der Erfüllung ihrer Kundensorgfaltspflichten (KYC-Prozess) betreiben müssen, um die von ihnen zu transparenzpflichtigen Rechtseinheiten erhobenen Daten zu überprüfen. Ihrer Überprüfungspflicht haben Verpflichtete nämlich fortan bereits dann genüge getan, wenn sie einen Auszug der im Transparenzregister zugänglichen Daten einholen und die von ihnen erhobenen Daten damit abgleichen. Stimmen die selbst erhobenen Daten mit den Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister überein und bestehen keine abweichenden sonstigen Anhaltspunkte, dürfen geldwäscherechtlich Verpflichtete auf die Angaben im Transparenzregister vertrauen und müssen keine weiteren Maßnahmen zur Überprüfung der Identität der wirtschaftlich Berechtigten anstrengen.
IV. Ausblick
Auch in Zukunft müssen sich geldwäscherechtlich Verpflichtete und meldepflichtige Rechtseinheiten auf weitere Änderungen ihrer geldwäscherechtlichen Pflichten einstellen. Noch vor Inkrafttreten des (deutschen) TraFinG hat die Europäische Kommission Ende Juli 2021 umfangreiche Verordnungs- und Richtlinienvorschläge zur weiteren Vereinheitlichung der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung in Europa vorgelegt. Darin vorgesehen ist unter anderem die Schaffung einer eigenen europäischen Aufsichtsbehörde, weitere Regularien zur Gestaltung der Transparenzregister der EU-Mitgliedstaaten und die Einführung einer europaweit einheitlichen sog. Bargeldobergrenze von EUR 10.000. Abzuwarten bleibt, in welcher Form das Vorhaben der EU-Kommission zu (inter)nationalem Recht wird.
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