GESETZ ZUR MODERNISIERUNG DES PERSONENGESELLSCHAFTSRECHTS (MOPEG) – KÜNFTIGE ÄNDERUNGEN BEI DER GESELLSCHAFT BÜRGERLICHEN RECHTS (GBR)
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) tritt zum 1. Januar 2024 eine umfassende Reform des deutschen Personengesellschaftsrechts in Kraft. Diese bringt auch eine Vielzahl an Gesetzesänderungen für die Grundform der Personengesellschaften, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), mit sich. Dieser Beitrag soll die wesentlichen Änderungen des MoPeG für die GbR zusammenfassend darstellen. Insbesondere soll aufgezeigt werden, welche Änderungen des MoPeG (i) lediglich – bereits geltende – ständige Rechtsprechung kodifizieren und welche dagegen (ii) tatsächlich materielle Änderungen der bisherigen Rechtslage begründen. Insbesondere sog. Außen-GbRs, die selbst am Rechtsverkehr teilnehmen, haben künftig einige Neuerungen zu berücksichtigen. So besteht etwa die Möglichkeit der freiwilligen Eintragung der GbR in ein Gesellschaftsregister, wobei diese durch gesetzliche normierte Voreintragungserfordernisse in der Praxis auch zu einer „Eintragungspflicht durch die Hintertür“ werden kann.
I. Einführung und Hintergründe
Das Regelungskonzept der GbR, d.h. die §§ 705 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), stammt aus dem Jahr 1900 und hat seither nur geringfügige gesetzliche Änderungen erfahren. Allerdings entsprechen diese gesetzlichen Vorschriften bereits seit geraumer Zeit nicht mehr dem herrschenden Verständnis über Systematik und Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften. Die Rechtsprechung hat daher dem Bedürfnis der Praxis folgende die GbR weiterentwickelt, sodass die §§ 705 ff. BGB die Rechtslage nur noch unzureichend wiedergeben. Beispielsweise liegt einzelnen gesetzlichen Bestimmungen noch das ursprüngliche Verständnis des Gesetzgebers zugrunde, dass die GbR eine nicht rechtsfähige „Gesamthandsgemeinschaft ohne eigene Rechtssubjektqualität“ sei, während der Bundesgerichtshof (BGH) bereits im Jahre 2001 entschied (BGH, Urt. v. 29.1.2001 – II ZR 331/00, NJW 2001, 1056; „ARGE Weißes Ross“), dass die (Außen-)GbR selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann und eigene Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie selbst am Rechtsverkehr teilnimmt. Im Koalitionsvertrag des Bundestags der 19. Wahlperiode wurde daher die Reformierung des Personengesellschaftsrechts vereinbart. Zur Umsetzung dieser Reform hat der Gesetzgeber das sog. MoPeG beschlossen, welches ab dem 1. Januar 2024 in Kraft treten wird (vgl. zum damit verbundenen Handlungsbedarf bei bestehenden GbRs: honert Newsletter Q4 2021).
II. Gesetzliche Annäherung der Außen-GbR an Handelsgesellschaften
Das MoPeG kodifiziert im Wesentlichen die – durch ständige Rechtsprechung geprägte – bereits geltende Rechtslage im Personengesellschaftsrecht. Zum Teil bringt es jedoch auch einige Neuerungen mit sich.
Die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR wird künftig explizit normiert. Hierbei unterscheidet der Gesetzgeber ausdrücklich zwischen der rechtsfähigen Gesellschaft, die selbst Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen kann, und der nicht rechtsfähigen Gesellschaft (§ 705 Abs. 2 BGB n.F.). Die Abgrenzung erfolgt danach, ob die GbR nach dem Willen der Gesellschafter selbst am Rechtsverkehr teilnehmen soll. Die rechtsfähige GbR kann im Gegensatz zur nicht rechtsfähigen Gesellschaft eigenes Gesellschaftsvermögen bilden (§ 713 BGB n.F.). Den Gesellschaftern der rechtsfähigen GbR stehen Mitgliedschaftsrechte an dieser zu, während Zuweisungsobjekt für das aktive und passive Gesellschaftsvermögen die rechtsfähige GbR selbst ist. Damit wird die Abkehr von dem bislang noch (teilweise) gesetzlich niedergelegten Gesamthandsprinzip, wonach das Vermögen nicht der Gesellschaft, sondern ihren Gesellschaftern „zur gesamten Hand“ zusteht – wie dies etwa auch künftig bei einer Erbengemeinschaft der Fall ist – vollständig kodifiziert.
Die Vertretungsmacht der GbR-Gesellschafter im Außenverhältnis ist nach bisheriger Rechtslage an die bestehende Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis gekoppelt, welche wiederum nach dem gesetzlichen Regelfall allen Gesellschaftern gemeinsam zusteht. Nach den Änderungen des MoPeG gilt bei der GbR künftig als gesetzlicher Regelfall, dass unabhängig von der Verteilung der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis die Gesamtvertretung durch alle Gesellschafter erfolgt. Wie bisher, kann hiervon auch künftig durch gesellschaftsvertragliche Regelung abgewichen werden.
Hinsichtlich der Gesellschafter-Haftung wird durch das MoPeG die – bereits nach derzeitiger Rechtslage geltende – unbeschränkte persönliche und gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter im Außenverhältnis für Verbindlichkeiten der GbR ausdrücklich geregelt (§§ 721 und 721a BGB n.F.). Entgegenstehende Vereinbarungen sind Dritten gegenüber unwirksam. Die bisher im Innenverhältnis zwischen GbR und Gesellschafter bestehende privilegierte Haftung (diligentia quam in suis), nach der ein Gesellschafter nur für die Sorgfalt einzustehen hat, die er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt, entfällt ersatzlos. Etwaige gesellschaftsrechtliche Vereinbarungen bleiben hiervon unberührt, sodass die Haftung der Gesellschafter im Innenverhältnis weiterhin individuell ausgestaltet werden kann.
Nach derzeitiger Rechtslage muss der Sitz einer Personengesellschaft stets der Ort der faktischen Geschäftsleitung sein. Dies gilt ungeachtet gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen. Die Änderungen des MoPeG ermöglichen erstmals, dass die eingetragene GbR (zur Eintragung nachstehend) abweichend vom sog. Verwaltungssitz einen im Inland belegenen Vertragssitz zu vereinbarten (§ 706 BGB n.F.).
Durch das MoPeG ändern sich künftig auch die Nachfolgeregelungen der GbR. Nach derzeit geltender Rechtslage führt der Tod eines Gesellschafters zur Auflösung der GbR. In der Praxis vereinbarten die Gesellschafter jedoch regelmäßig – abweichend hiervon – eine sog. Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag, wonach im Falle des Todes eines Gesellschafters dieser lediglich aus der GbR ausscheidet und die Gesellschaft mit den übrigen Gesellschaftern fortgeführt wird. Nach MoPeG führt künftig der Tod eines Gesellschafters künftig nicht mehr zur Auflösung der Gesellschaft, sondern zum Ausscheiden des verstorbenen Gesellschafters (§ 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F.). Die gesetzliche Nachfolgeregelung ist dispositiv, sodass die Gesellschafter auch künftig im Gesellschaftsvertrag hiervon abweichende Bestimmungen vereinbaren können, etwa die Auflösung der GbR im Todesfall eines Gesellschafters wie nach bisheriger Gesetzeslage. Eine Fortsetzung der GbR mit den oder mit bestimmten (qualifizierten) Erben anstelle des verstorbenen Gesellschafters findet statt, wenn dies im Gesellschaftsvertrag ausdrücklich vorgesehen ist (§ 711 Abs. 2 BGB n.F.). In die GbR eintretende Erben können unter bestimmten Voraussetzungen verlangen, dass ihnen die Stellung eines Kommanditisten eingeräumt wird, bzw. andernfalls können sie die Mitgliedschaft fristlos kündigen (§ 724 Abs. 1 und 2 BGB n.F.).
III. Eintragung in das Gesellschaftsregister
Eine für die GbR in der Praxis sehr bedeutende Neuerung des MoPeG besteht in der Einführung eines Gesellschaftsregisters, ähnlich wie das Handelsregister für Handelsgesellschaften. Hiermit beabsichtigt der Gesetzgeber, künftig auch für die GbR eine eigene Subjektregisterpublizität durch Eintragung zu ermöglichen. Die Schaffung eines öffentlichen Registers für die GbR gewährleistet für den Rechtsverkehr Transparenz und Rechtssicherheit hinsichtlich Existenz, Identität und ordnungsgemäßer Vertretung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts.
Nach derzeitiger Rechtslage besteht eine weitgehende Anonymität der GbR-Gesellschafter. Lediglich für bestimmte Objektregister existieren zum Teil Sonderregelungen, die eine gewisse Publizität und Transparenz schaffen. So regelt etwa § 899a BGB, dass bei einer im Grundbuch eingetragenen GbR hinsichtlich des eingetragenen Rechts vermutet wird, dass ausschließlich die im Grundbuch eingetragenen Personen Gesellschafter der GbR sind. Die hiermit verbundene Publizität und Transparenz ist allerdings jeweils begrenzt auf (i) Gesellschaften, die in einem solchen Objektregister eingetragen sind, und (ii) das jeweilige eingetragene Recht.
Künftig steht es Gesellschaftern offen, eine GbR in das neu einzurichtende Gesellschaftsregister anzumelden und eintragen zu lassen. Die Anmeldung ist grundsätzlich freiwillig und nicht Voraussetzung für die Erlangung der Rechtsfähigkeit der GbR. Die GbR kann auch weiterhin schon vor Eintragung am Rechtsverkehr teilnehmen. Jedoch gilt die GbR spätestens mit der Eintragung als Dritten gegenüber entstanden.
Auch nach dem Inkrafttreten des MoPeG besteht somit kein Zwang für die GbR, sich in das neu geschaffene Gesellschaftsregister eintragen zu lassen. Die Freiwilligkeit der Anmeldung wandelt sich jedoch zur Eintragungsobliegenheit bzw. sogar zur Eintragungspflicht, wenn die GbR (i) über ihre Rechte verfügen will, etwa über Anteile an im Handels- oder Gesellschaftsregister eingetragenen Gesellschaften, als Gesellschafter in der Gesellschafterliste einer GmbH oder im Aktienregister eingetragen (oder einzutragen) ist oder im Grundbuch eingetragene Rechte sowie (ii) bei der Beteiligung einer GbR an Umwandlungsmaßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz. Soweit bei derartigen Maßnahmen die jeweilige Eintragung der Rechtsänderung in dem betreffenden Register nicht selbst Tatbestandsvoraussetzung für die dingliche Verfügung über das betreffende Recht ist (z.B. Veräußerung eines GmbH-Geschäftsanteils), kann die GbR zwar wirksam hierüber verfügen, aber die zuständige Registerstelle vollzieht die betreffende Rechtsänderung in dem jeweiligen Register nur nach (z.B. Hinterlegung der neuen Gesellschafterliste im Handelsregister), wenn die verfügende GbR zuvor selbst im Gesellschaftsregister eingetragen wurde. Ist die jeweilige Eintragung der Rechtsänderung in dem betreffenden Register bereits Tatbestandsvoraussetzung für die dingliche Verfügung über das betreffende Recht (z.B. Eintragung im Grundbuch beim Erwerb eines Grundstücks), kann die GbR hierüber nur verfügen, wenn die verfügende GbR zuvor selbst im Gesellschaftsregister eingetragen wurde. Damit stellt die Eintragungsobliegenheit für eine GbR, die im Rahmen ihres Unternehmensgegenstands bzw. ihrer Geschäftstätigkeit u.a. Verfügungen über vorbezeichnete Rechte vornimmt, faktisch eine Eintragungspflicht dar.
Die Eintragung erfolgt bei dem Gericht, in dessen Bezirk die GbR ihren Sitz hat (§ 707 Abs. 1 BGB n.F.). Im Gesellschaftsregister einzutragen sind Angaben zu (i) Name, Sitz und Anschrift der GbR, (ii) den Gesellschaftern sowie (iii) der Vertretungsbefugnis der Gesellschafter (§§ 707 Abs. 2, 707a Abs. 1 BGB n.F.). Mit der Anmeldung zur Eintragung ist auch eine Versicherung darüber abzugeben, dass die Gesellschaft nicht bereits im Handels- oder Partnerschaftsregister eingetragen ist. Die Anmeldung zur Ersteintragung hat durch alle Gesellschafter der GbR elektronisch in öffentlich beglaubigter Form zu erfolgen. Ergeben sich im Laufe der Zeit Änderungen hinsichtlich der Registerangaben, sind diese ebenfalls zur Eintragung anzumelden.
Mit der Eintragung ist die Gesellschaft verpflichtet als Namenszusatz die Bezeichnung „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder „eGbR“ zu führen. Soweit in der GbR keine natürliche Person haftet, muss der Name eine Bezeichnung enthalten, welche diese Haftungsbeschränkung kennzeichnet.
Für eine im Gesellschaftsregister eingetragene GbR gelten die handelsrechtlichen Publizitätsvorschriften entsprechend (§ 707a Abs. 3 BGB n.F.), d.h. das Gesellschaftsregister vermittelt ein dem Handelsregister vergleichbaren Verkehrsschutz für Dritte. Daher sind etwaige Änderungen nach Eintragung einer GbR, z.B. in deren Gesellschafterbestand, zeitnah zur Eintragung im Gesellschaftsregister anzumelden, um ein von den tatsächlichen Verhältnissen abweichenden Rechtsschein zu vermeiden. Die Identität einer eingetragenen GbR bestimmt sich künftig anhand des Namens und des Sitzes der Gesellschaft (§§ 707 Abs. 2, 707a Abs. 1 S. 1 BGB n.F.). Die Löschung einer eingetragenen GbR erfolgt nur nach allgemeinen Vorschriften, d.h. grundsätzlich erst mit Auflösung und Liquidation (§ 707a Abs. 4 BGB n.F.). Bei der Entscheidung über die Eintragung einer GbR sollte daher berücksichtigt werden, dass es sich um eine Eintragung „ohne Rückfahrkarte“ handelt. Für eine eingetragene GbR gilt künftig auch die Pflicht zur Mitteilung von Angaben zu den wirtschaftlich berechtigten, d.h. die eingetragene GbR wird auch in die Transparenzregisterpublizität eingebunden. Folglich ist mit der Eintragung einer GbR auch eine weitgehende Offenlegung bestehender Beteiligungsverhältnisse verbunden.
IV. Ausblick und Folgen für die Praxis
Mit dem MoPeG vollzieht der Gesetzgeber eine längst fällige Reform der GbR-Vorschriften. Die Anpassung der gesetzlichen Bestimmungen an die geltende Rechtslage schafft insoweit eine begrüßenswerte Rechtssicherheit und Klarheit für den Rechtsanwender. Der „minimalinvasive“ Ansatz des MoPeG lässt allerding auch einige Fragen offen, sodass in der Praxis weiterhin ein erheblicher Beratungs- bzw. Gestaltungsbedarf besteht.
Bereits bestehende Gesellschaften bürgerlichen Rechts sollten – vor dem Hintergrund der anstehenden Gesetzesänderungen – ihre Regelungen des Gesellschaftsvertrags zur Vertretung, Haftung, Sitz und Nachfolge mit Blick auf etwaigen Änderungs- bzw. Anpassungsbedarf prüfen. Die Gesetzesänderungen des MoPeG treten weitgehend ohne Übergangsregelungen in Kraft und gelten auch für alle bestehenden Gesellschaften.
Die Einführung des Gesellschaftsregisters bringt hinsichtlich eingetragener Gesellschaften bürgerlichen Rechts entsprechende Transparenz und Publizität für den Rechtsverkehr mit sich. In Anbetracht der hiermit verbundenen Rechtsfolgen ist die Entscheidung über die Eintragung einer GbR in der Praxis sorgfältig abzuwägen. Sofern bereits bestehende oder künftig zu errichtende Gesellschaften bürgerlichen Rechts Inhaber von Rechten sind bzw. werden, für welche eine der oben dargestellten Eintragungsobliegenheiten gilt, oder diese beabsichtigen über solche Rechte zu verfügen, (z.B. Grundstücksverwaltungsgesellschaften) sollte eine rechtzeitige Eintragung im Gesellschaftsregister sichergestellt werden.
Für Sie da